: Wedge-Haarschnitt und Sneaker
betr.: „Dann macht es bumm. Warum seit dem Song ‚My Adidas‘ alles anders ist“, taz v. 1. 12. 07
„Sport war schon immer auch Pop“! Nicht unbedingt in dem Sinne, dass Sport und Musik eine direkte Liaison gehabt hätten, aber Sportler wie George Best, Björn Borg oder Walt „Clyde“ Frazier waren zu ihrer Zeit Popidole. Jedoch blieben Einflüsse oder Eingriffe der Sportakteure in die Musik seltene Ausnahmen. Heute jedoch ist dies scheinbar ein Hobby von millionenschweren Medienstars, die letztlich keinen Respekt vor der sportlichen oder musikalischen Leistung der eigentlichen Akteure haben, weil sie sich anmaßen, mindestens noch ein außergewöhnliches Talent zu besitzen. Der kulturelle Wert ist darum auch vernachlässigbar gering.
Die „Fans“ oder Subkulturen haben einen weitaus größeren Einfluss. Diese „klauten“ schon in den 70ern bei den Idolen: die britischen Fußballfans – die Casuals – den Wedge-Haarschnitt von David Bowie, und die New Yorker Rapper die Sneaker, Shirts und Shorts der Basketballspieler. Während die Casuals, fast allesamt Kinder der Arbeiterklasse, damit etwas imitieren wollten, was sie eigentlich nicht hatten, nämlich Eleganz, schufen die (Nachwuchs)Musiker in New York die Sneaker- und Sportmodekultur – weil sie sich nichts anderes leisten konnten. Es ist nicht das Verdienst von Run D.M.C. – die im Übrigen ursprünglich von Adidas verklagt werden sollten –, dass Sport und Pop heute Hand in Hand gehen. Die Band stand 1986 schon fast am Ende eines Trickle-up-Prozesses, der aus Sport(artikeln) Lifestyle und Pop machte. Durch Run D.M.C. wurde Adidas erst darauf aufmerksam gemacht, welches enorme Potenzial sie haben, wenn sie versuchen, ihre Produkte auch (jugend)kulturell zu vermarkten. Nicht umsonst wurden Run D.M.C. die Ersten, die als Nichtsportler einen Sponsoringvertrag mit einem Sportartikelhersteller bekamen. Aber am Anfang des Prozesses standen arme New Yorker Kids und jugendliche britische Fußballfans, die 1986 schon im Begriff waren, sich davon abzuwenden. TORSTEN DITTKUHN, Berlin