: Erhöhung unterm Weihnachtsbaum
Nach der Veröffentlichung des Hamburger Mietenspiegels Ende Oktober haben viele Mieter inzwischen unangenehme Post bekommen. Die Mietervereine entwarnen teilweise: „Jede zweite Mieterhöhung hat eine Macke“
Von Besinnlichkeit, wie sie zur Jahreszeit passen könnte, ist nichts zu spüren in den Beratungsbüros der Hamburger Mietervereine: „Wir haben absolute Hochkonjunktur“, sagt Sylvia Sonnemann, Juristin beim Verein Mieter helfen Mietern (MhM). Denn viele Mieter hätten „unter dem Weihnachtsbaum ihre Mieterhöhung liegen“. Die Juristin warnt jedoch davor, in Panik zu verfallen. „Niemand muss Weihnachten eine Zustimmung zur Mieterhöhung erteilen.“ Sie rät, zunächst die Formalitäten zu überprüfen.
Ende Oktober ist der neue Mietenspiegel veröffentlicht worden. Er lässt Mieterhöhungen um durchschnittlich 4,3 Prozent zu. „Ein Negativrekord, weit über der Teuerungsrate“, findet MhM. Die durchschnittliche Kaltmiete in Hamburg liegt nun bei 6,53 Euro. Nach der Veröffentlichung der Übersicht hätten viele Vermieter sofort Mieterhöhungen rausgeschickt, heißt es bei MhM. Rund jede zweite Beratung befasse sich zurzeit damit.
Ähnliches weiß Siegmund Chychla zu berichten, Vize-Vorsitzender des Mietervereins zu Hamburg. „Wir fühlen uns durch den Termindruck in die Enge getrieben, da wir mit den Beratungen in der Zeit gar nicht nachkommen.“ Wer die Ankündigung einer Mieterhöhung im November bekommen hat, hat bis Ende Januar Zeit, das Begehren seines Vermieters in Ruhe zu prüfen – oder besser durch Fachleute prüfen zu lassen –, ehe er eine Zustimmung erteilt. „Jede zweite Mieterhöhung hat eine Macke“, weiß Sonnemann. „Oft fängt es schon bei den Formalien an.“
Da schreibt der Vermieter etwa den Ehemann einer Mieterin an, obwohl nur ihr Name im Hauptmietvertrag steht. „Durch Heirat tritt man nicht in ein Mietverhältnis ein“, sagt Sonnemann. Oder es werde bei Wohngemeinschaften vergessen, den ausgezogenen Mitbewohner anzuschreiben, obwohl er im Mietvertrag als Hauptmieter mit aufgeführt sei. Viele Vermieter vergäßen auch, den Mietenspiegel an ihr Schreiben anzuheften. Führten sie dann nicht alle Kategorien ihrer Berechnungen detailliert auf – „unterer Wert, mittlerer Wert, Höchstwert“ – sondern vergessen einen Wert, sei die Mieterhöhung formell ungültig.
Aber selbst wenn die Spanne der Mieterhöhung formell wirksam sei, müsse sie noch nicht gerechtfertigt sein, sagt Sonnemann. Denn selbst wenn der Bodenrichtwert einer Immobile in bestimmten Stadtvierteln in die Höhe getrieben worden sei, steige damit nicht automatisch die Wohnqualität für den Mieter. Sonnemann: „Eine Wohnwertsteigerung findet nicht statt, nur weil viele Touristen kommen.“
Erst vor kurzem hatte das Amtsgericht entschieden, dass die Miete einer Wohnung an der „Piazza“ am Schulterblatt unter dem Drittelwert der ortsüblichen Miete zu liegen habe. Sonnemann empfiehlt daher, bei berechtigten Zweifel an der Richtigkeit der Mieterhöhung fachlichen Rat einzuholen.
KAI VON APPEN
„Die lange Nacht der Mieterhöhung“: Mittwoch 16. Januar 2008, 18–21 Uhr. Mieter helfen Mietern, Bartelsstraße 30