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Archiv-Artikel

Wer wird hier Nachbar?

KULTURFORUM In der Akademie der Künste diskutiert man über das Museum der Moderne. Absurder Konsens: Das Projekt ist nicht umsetzbar – dabei ist das Geld da

„Wenn nicht bald gebaut wird, stehen wir Kunstsammler nicht mehr zur Verfügung“

HEINER PIETZSCH

VON NINA APIN

Es sieht nicht gut aus für das Museum der Moderne am Kulturforum. Diesen deprimierenden Eindruck konnte gewinnen, wer am Sonntag eine Diskussion in der Akademie der Künste (AdK) am Pariser Platz verfolgte. Eigentlich hätte man auf dem Podium Grund zum Optimismus gehabt. Denn der Bund sagte Ende November 200 Millionen Euro für das dringend benötigte Museum zu. Doch der Beginn des Projekts könnte sich noch lange hinziehen: Der Bau eines Hauses für die Kunst des 20. Jahrhunderts stelle Architekten vor eine „unlösbare Aufgabe“. So äußerten sich Berliner Politik- und ArchitekturexpertInnen, die eingeladen waren, über den Standort des Museums und über die Entwicklung des Kulturforums am Potsdamer Platz zu diskutieren.

Dieser Ort mit seiner losen Ansammlung moderner Gebäude gilt seit Langem als städtebaulicher Problemfall. Selbst jetzt, „wo die historische Chance für eine international bedeutsame Gestaltung des Ortes da ist“, wie Michael Bräuer, Direktor der Sektion Baukunst der AdK, eingangs sagte, fanden die Anwesenden nicht aus dem Problemdiskurs heraus. Christine Edmaier, Präsidentin der Architektenkammer Berlin, rechnet offenbar schon im Vorfeld damit, dass ein Architekturwettbewerb für das vorgesehene Grundstück an der Potsdamer Straße scheitert. Sie forderte deshalb, vorsichtshalber die Standortfrage offenzuhalten. Schließlich könne ja auch etwas mit dem Grundstückskauf schiefgehen.

Dabei schien die „Standortfrage“ hinreichend geklärt: Sowohl Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) als auch das Land Berlin sprachen sich dafür aus, das Museum zwischen Stühlers Matthäi-Kirche, Mies van der Rohes Neue Nationalgalerie und Scharouns Philharmonie zu bauen (siehe Karte). Dafür, dass es Probleme geben könnte, die 20 Prozent Baufläche, die nicht dem Land gehören, zu erwerben, gibt es bisher keinen Anhaltspunkt. Trotzdem plädierte auch Stadtplanerin Franziska Eichstädt-Bohlig dafür, Architekten vorsichtshalber auch Lösungen für alternative Standorte erarbeiten zu lassen. Einzig CDU-Mann Stefan Evers wollte dieses Fass nicht noch einmal aufmachen.

Vorherrschend war der Eindruck, dass ein Wettbewerb, egal ob mit vorgeschaltetem städtebaulichem Verfahren oder zweistufig, an diesem vorbelasteten Ort nur scheitern kann. Das Kulturforum attraktiver machen, die Anbindung zum Potsdamer Platz herstellen, eine repräsentative und gleichzeitig funktionale Hülle für die lange vernachlässigten Privatsammlungen schaffen – es schien fast, als seien zeitgenössische Architekten mit dieser Aufgabe überfordert. Schließlich, erklärte Architektin Edmaier, gehe es um eine grundsätzliche Entscheidung: Will man an der Potsdamer Straße Scharouns modernes Leitbild weiterbauen – oder die Stadt des 19. Jahrhunderts wiedererrichten?

Günther Schauerte, Vizepräsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, warnte vor einer Überfrachtung des Wettbewerbs. Und sprach ein anderes Problem an: Das zu schaffende Gebäude werde riesig und verschatte bestehende Sichtachsen. Drohe eine neue gebaute „Primadonna?“

Kulturstaatsministerin Grütters möchte das Museum in öffentlich-privater Partnerschaft errichten. Will sie mit einem privaten Bauherrn Vorgaben für öffentliche Bauträger umgehen? Traut sie dem Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung keinen schnellen Bau zu? Das blieb ungeklärt – niemand der politisch Verantwortlichen saß auf dem Podium. Katrin Lompscher jedenfalls, Stadtpolitische Sprecherin der oppositionellen Linken, fand den anvisierten Baubeginn 2017 und die Eröffnung 2020 „sehr ehrgeizig“.

Bei so viel Bedenkenträgerei platzte dem anwesenden Heiner Pietzsch, dessen Kunstsammlung unter anderen in das neue Museum einziehen soll, der Kragen. Warum man Verzögerungen herbeirede, statt mit etwas Vertrauen in die Architektenzunft endlich loszulegen, fragte der 84-Jährige sichtlich erregt. „Wenn nicht bald gebaut wird, stehen wir Sammler nicht mehr zur Verfügung“, so der Mäzen.