: Jüdische Gemeinde muss noch mal wählen
ABSTIMMUNGS-FLOP Wahl zur Repräsentantenversammlung der Jüdischen Gemeinde annulliert. Der Grund: In einem Charlottenburger Wahllokal gab es mehr Stimmzettel in der Urne als Wähler im Verzeichnis
Die vor zwei Wochen erfolgte Wahl für eine neue Repräsentantenversammlung der Jüdischen Gemeinde Berlin ist für ungültig erklärt worden. Die Mitglieder werden voraussichtlich am 22. Januar erneut über die Zusammensetzung des 21-köpfigen Gemeindeparlaments entscheiden müssen, teilte die größte jüdische Gemeinde in Deutschland am Dienstag mit.
Damit könne sich die neue Repräsentantenversammlung, die auch den künftigen Vorstand wählen wird, frühestens am 1. Februar konstituieren. Bis dahin blieben die bisherige Gemeindevertretung sowie der Vorstand mit Lala Süsskind an der Spitze vorläufig im Amt.
Der Schiedsausschuss der Gemeinde hatte am Montag die gesamte Wahl für ungültig erklärt, da es in einem der mehr als ein Dutzend Stimmlokale zu Unregelmäßigkeiten gekommen war. Im jüdischen Seniorenzentrum am Lietzensee hatten sich nach Gemeindeangaben 156 Stimmzettel in der Wahlurne befunden, 15 mehr als im Wählerverzeichnis eigentlich vorgesehen. Insgesamt hatten 2.469 von 9.134 wahlberechtigten Mitgliedern ihre Stimme abgegeben.
Niedrige Wahlbeteiligung
Angesichts der äußerst niedrigen Wahlbeteiligung von 27 Prozent habe sich der Schiedsausschuss daraufhin zu einer vollständigen Annullierung entschlossen, hieß es weiter. Die bisherige stellvertretende Gemeindevorsitzende Mirjam Marcus, die Anfang Dezember äußerst knapp den Wiedereinzug in das Gemeindeparlament verpasste, hatte lediglich eine Neuauszählung beantragt.
Bei den Wahlen hatte keine der insgesamt vier Gruppierungen eine absolute Mehrheit erzielen können. Mit neun von 21 Sitzen verfehlte sie das Wahlbündnis „Koach!“ (deutsch: „Stärke“) des früheren Gemeindevorsitzenden Gideon Joffe aber nur knapp. Er erhielt hinter seinem Amtsvorgänger Alexander Brenner auch die meisten Stimmen.
Der 39-jährige Joffe war zuletzt für ein knappes Jahr Geschäftsführer der inzwischen insolventen Berliner Treberhilfe, die Anfang 2010 wegen der „Maserati-Affäre“ in die Schlagzeilen geraten war. Unter den Zuwanderern aus den Ländern der ehemaligen Sowjetunion, die einen Großteil der Mitglieder stellen, gilt er als sehr beliebt. Mit sieben Stimmen erreichte die Gruppe „Shalom“ (deutsch: „Frieden“) des Rechtsanwaltes und Publizisten Sergej Lagodinsky den zweiten Platz.
Das Wahlbündnis „Verantwortung Jetzt!“ erhielt nur drei Sitze. Ihre Spitzenkandidatin Mirjam Marcus gilt wie Süsskind als Vertreterin des alteingesessenen Berliner Judentums. Die Gruppe „Hatikwa“ (deutsch: „Hoffnung“) gelangte gar nicht in die Repräsentantenversammlung. Die bisherige Vorsitzende Lala Süsskind trat nach vier Jahren Amtszeit aus privaten Gründen nicht wieder an. (epd)