: Kevin litt Schmerzen
Im Prozess gegen Kevins Ziehvater sagten Gutachter, die Knochenbrüche seien nicht postmortal entstanden
Die zahlreichen Knochenbrüche, die am Körper des tot aufgefundenen Kindes Kevin fest gestellt wurden, gehen höchstwahrscheinlich auf Misshandlungen zurück. Diese Einschätzung bekräftigten gestern die Aussagen von vier Gutachtern, die im Prozess gegen Kevins Ziehvater Bernd K. als Sachverständige gehört wurden.
Bis auf den rechten Oberschenkel waren alle großen Röhrenknochen des Zweijährigen gebrochen, zum Teil mehrfach. Dass diese erst nach seinem Tod entstanden sind, schlossen die Experten für den Großteil der Brüche aus. Die Verteidiger von Bernd K. hatten die Hypothese ins Spiel gebracht, die Verletzungen könnten postmortal entstanden sein, als das tote Kleinkind in den Kühlschrank von Bernd K. gelegt wurde. In diesem hatten Polizisten die Leiche im Oktober 2006 entdeckt. Keine Bestätigung gab es für eine zweite These der Anwälte, mit der sie versuchen, die Unschuld ihres Mandanten zu beweisen. Danach soll Kevins Knochen – wegen einer erhöhten Vitamin-D-Zufuhr und/oder eines krankhaft erhöhten Kalziumgehalts – besonders brüchig gewesen sein. Der Knochen-Pathologe Günter Delling hingegen stellte zu wenig Vitamin-D und Kalzium fest.
Alle Gutachter betonten jedoch, dass die Beurteilung der Verletzungen ausgesprochen schwer seien, weil die Leiche schon sehr weit verwest war. Zudem könne das Alter eines Bruchs nur für die ersten sechs Wochen einigermaßen gut bestimmt werden, danach werde es vage, so Delling. Sicher sei, dass der Bruch des Oberschenkels, der laut Anklage zum Tod Kevins geführt hat, große Schmerzen verursacht haben muss. Die Frage nach der Entstehung und Anzahl der Brüche ist deshalb wichtig, weil Bernd K. nicht nur wegen Totschlags, sondern auch wegen Körperverletzung und Misshandlung Schutzbefohlener angeklagt ist. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm vor, den Sohn seiner verstorbenen Lebensgefährtin Kevin wiederholt verprügelt zu haben. Der Todeszeitpunkt ist nach wie vor unklar, lebend wurde Kevin zuletzt im Alter von 27 Monaten im April 2006 gesehen. Bernd K. schweigt zu den Vorwürfen.
Heute will die Staatsanwaltschaft Bremen sagen, ob sie, wie Medien berichteten, den Jugendamtsmitarbeiter, der sich um Kevin kümmern sollte sowie den sorgeberechtigten Amtsvormund wegen fahrlässiger Tötung durch Unterlassen anklagt.
Eiken Bruhn