: Überzeugen ist besser als Zwang
VON ALKE WIERTH
Kostenlose Bildungseinrichtungen sind eine prima Sache – und sollten eigentlich selbstverständlich sein in einer immer noch hauptsächlich von der SPD regierten Stadt. Insofern ist es richtig und gut, wenn Raed Saleh, Vorsitzender der SPD-Fraktion im Abgeordnetenhaus, nun wieder einen Vorstoß für gebührenfreie Kitas unternimmt.
Die Frage ist aber, was Saleh eigentlich erreichen will – und ob er dafür den richtigen Weg wählt. Will er die Kitapflicht vorbereiten? Dafür wäre die Gebührenfreiheit Voraussetzung – und Saleh hat das wie sein Parteigenosse Heinz Buschkowsky, Neuköllns Seit-heute-nicht-mehr-Bürgermeister, schon gefordert. Doch da ist das Grundgesetz vor.
Ist Salehs Ziel, Kinder besser vorgebildet einzuschulen und so ihre schulischen Erfolgsaussichten zu verbessern, sollte er tatsächlich – wie die CDU fordert – darüber nachdenken, ob dabei nicht Qualität (bessere Bildungseinrichtungen) vor Quantität (mehr Kinder in die Kitas) geht.
Hohe Kitaquote
Die Kitaquote in Berlin ist bereits hoch. Dennoch ist der Bildungserfolg nicht gewährleistet, auch die Grundschulen schaffen die Defizite nicht aufzuholen. Der Grund: Zu viele Bildungseinrichtungen – Kitas und Schulen – sind immer noch nicht vorbereitet auf die Kinder, die sie bekommen. Zweisprachigkeit wird je nach Zweitsprache nicht als Plus, sondern als Defizit gesehen. Eltern bestimmter Herkunft werden per se als schlechtere Eltern betrachtet. Solche Vorurteile führen zu Abneigung auf der betroffenen Elternseite. Dagegen muss vorgegangen werden: aber ohne Zwang. Voraussetzung ist die Einsicht, dass Eltern, die ihre Kinder ja kaum als Bildungsversager sehen wollen, Partner sind, die man überzeugen, aber nicht bevormunden sollte.