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Archiv-Artikel

Partisanen in Berlin

Mit Zeitzeugenberichten und Filmen erinnern Aktivisten anlässlich der 70-jährigen Befreiung an die Leistungen italienischer, jugoslawischer und polnischer Partisanen

Filmreihe „Partisanen“

■ Mittwoch, 15. April„Eine Generation“ von Andrzej Wajda, 1955, in polnischer Sprache, englische Untertitel. 20 Uhr, k-fetisch, Wildenbruchstraße 86

■ Donnerstag, 23. April„Tri“ von Aleksandar Petrovic, 1965, in serbokroatischer Sprache, englische Untertitel. 20 Uhr, Kastanienkeller im Café Morgenrot oder bei gutem Wetter im Hof, Kastanienallee 85

Dicht gedrängt sammelten sich letzten Donnerstag rund 300 Menschen im Kreuzberger Traditionsclub SO36 bis auf die hinterste Bank im Saal. Sie alle waren gekommen, um eine der vermutlich letzten Gelegenheiten wahrzunehmen, den mittlerweile 87-jährigen italienischen Widerstandskämpfer Giacomo Notari zu hören, der als Zeitzeuge über sein Leben und Wirken als Mitglied einer Partisaneneinheit im Zweiten Weltkrieg berichtete.

Als 16-jähriger, aufgewachsen im Italien unter der faschistischen Diktatur Mussolinis, schloss er sich im Mai 1944 der Resistenza in seiner Heimatprovinz Reggio Emilia an und beteiligte sich seither unter dem Kampfnamen „Willi“ an Sabotageaktionen gegen die deutschen Besatzer.

Immer wieder wurden dazu Nachschubwege unbrauchbar gemacht, Brücken gesprengt und Telefonleitungen gekappt, um die Verteidigung der Nazis zu schwächen und den Vormarsch der alliierten Streitkräfte zu unterstützen. Vor allem der Anfang war schwer, berichtet Notari, als mühselig Waffen organisiert und dazu Kasernen der faschistischen Milizen oder Polizeistationen überfallen werden mussten.

Notari erzählte von den widrigen Umständen des Partisanenlebens in den Wäldern des Apenningebirges und brutalen Vergeltungsaktionen der Deutschen, aber auch von einer Kindheit unter faschistischer Herrschaft.

Nach Kriegsende hörte für ihn die politische Betätigung nicht auf, er organisierte sich in der örtlichen Kommunistischen Partei, beteiligte sich am Wiederaufbau des Landes und ist derzeit als Provinzpräsident in Reggio Emilias regionaler Gliederung des italienischen Partisanenverbands ANPI um das historische Vermächtnis der WiderstandskämpferInnen bemüht.

Die Podiumsdiskussion ist Teil einer Reihe von Veranstaltungen, die sich aktuell dem Wirken von PartisanInnen in den Kämpfen gegen die deutsche Besatzung im Zweiten Weltkrieg widmen und anlässlich des 70. Jahrestags der Befreiung vom Faschismus vom deutsch-italienischen Geschichtsinstitut Istoreco und der Kampagne Solidarnost mit der Heinrich Böll Stiftung organisiert werden.

Das Istoreco mit Sitz in Reggio Emilia beschäftigt sich seit 1965 mit der Erforschung und Dokumentation der Geschichte der italienischen Resistenza und veranstaltet mit den Sentieri Partigiani seit über 20 Jahren eine alljährliche Wanderung mit ZeitzeugenInnen auf den ehemaligen Partisanenwegen in den Apenninen. Mit der Solidaritätskampagne Solidarnost wollen AktivistInnen vor allem durch Veranstaltungen auf die schwierige Situation von AntifaschistInnen und anderen undogmatischen Linken im ehemaligen Jugoslawien aufmerksam machen und um Unterstützung werben.

Sie organisierten bereits am vergangenen Mittwoch im Biergarten Jockel ein Zeitzeugengespräch mit dem ehemaligen jugoslawischen Partisan Radoslav „Braco“ Deric, der sich im heutigen Bosnien ebenfalls als 16-Jähriger 1943 dem bewaffneten kommunistischen Widerstand anschloss, um gegen die Wehrmacht zu kämpfen.

Die jugoslawischen Partisanen unter Tito mussten sich allerdings nicht nur gegen die deutschen Besatzer wehren, sondern auch Kämpfe gegen Kollaborateure wie die kroatischen Ustascha-Faschisten und die antikommunistischen serbischen Cetniks führen.

Mit seiner 5. Bosnischen Brigade war Deric vor allem im Nordwesten Bosniens im Kozara-Gebirge aktiv, aber auch an der symbolträchtigen Befreiung Belgrads im Oktober 1944 beteiligt, wobei nicht nur die Stadt von den Deutschen befreit wurde, sondern auch der innerserbische Machtkampf gegen die Cetniks besiegelt wurde.

Noch heute ist Deric politisch aktiv und im Bund der Antifaschisten Serbiens organisiert.

Auch in den kommenden Wochen wollen sich die Solidarnost-Aktiven dem Thema PartisanInnen im Zweiten Weltkrieg widmen und veranstalten ab Mitte April eine gleichnamige dreiteilige Filmreihe mit polnischen und jugoslawischen Filmen zum Widerstand gegen das Naziregime und zu den Partisanenbewegungen beider Länder.

Mit dem Spielfilm „Tri/Drei“ von Aleksandar Petrovic aus dem Jahr 1965 wird am 23. April im Café Morgenroth einer der wohl berühmtesten jugoslawischen Spielfilme aller Zeiten gezeigt. Der psychologische Kriegstriptychon folgt dem Partisan Milos Bojanic in drei Erzählungen durch den Krieg. Als Rahmung sind Einführungsvorträge und anschließende Diskussion geplant. THEO SCHNEIDER