: Das neue Gesetz: Auflagen, aber kein Verbot
GRUNDKURS Hier die wichtigsten Fakten über die umstrittene Erdgasfördertechnik. Für alle, die nicht genau wissen oder mittlerweile schon wieder vergessen haben, worum es bei Fracking eigentlich geht
Oft gehört, nie wirklich verstanden: Was ist Fracking?
Fracking ist ein Kunstwort, das aus dem Begriff „hydraulic fracturing“ (englisch für „hydraulisches Aufbrechen“) abgeleitet wurde. Beim Fracking werden unter hohem Druck Wasser, Sand und Chemikalien in Bohrlöcher gepresst, um Risse im Gestein zu erzeugen und offen zu halten; so kann das im Gestein eingeschlossene Gas oder Öl entweichen und gefördert werden.
Was sind „konventionelle“ Lagerstätten? Und was sind „unkonventionelle“?
Konventionelle Lagerstätten wie Sandstein sind in Deutschland schon seit den 60er Jahren ausgebeutet worden; dabei sind meist nur einzelne Frack-Vorgänge erforderlich, um nachlassenden Gasfluss wieder anzuregen. In unkonventionellen Lagerstätten wie Schiefer-, Kohle- und Tongestein muss normalerweise sehr viel häufiger und mit mehr Flüssigkeit gefrackt werden; dieses Fracking ist in Deutschland noch nicht angewendet worden.
Wie groß ist das Fracking-Potenzial in Deutschland?
Darüber gibt es sehr unterschiedliche Ansichten. Die Bundesanstalt für Geowisssenschaften und Rohstoffe (BGR) schätzt das technisch förderbare Vorkommen von Schiefergas auf 0,7 bis 2,3 Billionen Kubikmeter. Das wäre ein Vielfaches der konventionellen Erdgasreserven. Rein rechnerisch könnte man damit den Gasbedarf Deutschlands zehn Jahre lang komplett decken. Ob die Förderung allerdings wirtschaftlich wäre, ist fraglich. Durch Umweltauflagen wäre Fracking in Deutschland erheblich teurer als etwa in den USA, wo die Technik einen Gasboom ausgelöst hat – und selbst dort rechnet sich Fracking aufgrund der gesunkenen Öl- und Gaspreise kaum noch.
Warum gibt es gegen Fracking so viele Proteste?
Die Kritiker sehen mehrere Risiken: Zum einen werden beim Fracking bisher diverse giftige und krebserregende Chemikalien eingesetzt, die das Grundwasser verschmutzen könnten. Exxon hat zwar angekündigt, in Deutschland nur ungiftige Zusätze verwenden zu wollen, aber dieses Verfahren ist noch nicht erprobt. Außerdem muss sehr viel belastetes Wasser entsorgt werden, denn neben der Frack-Flüssigkeit kommt meistens auch sogenanntes Lagerstättenwasser mit an die Oberfläche, das mit Chemikalien und Schwermetallen belastet ist. Außerdem verstärkt Fracking die Gefahr von Erdbeben – was sich unter anderem im niederländischen Groningen und im US-Bundesstaat Ohio gezeigt hat.
Ist es besser fürs Klima?
Das ist umstritten. Zwar ist Gas generell klimafreundlicher als etwa Kohle. Aber beim Fracking wird mehr Methan freigesetzt als bei normaler Gasförderung, was den Klimavorteil verringert oder sogar umkehrt.
Was plant die Regierung?
Der Gesetzentwurf, den das Kabinett am Mittwoch verabschiedet hat, verbietet jede Art von Fracking in sensiblen Gebieten. Dazu gehören Wasserschutzgebiete, Heilquellenschutzgebiete und die Einzugsgebiete von Seen, Talsperren und Brunnen für die öffentliche Trinkwassergewinnung. Die Bundesländer können zusätzlich die Einzugsgebiete von privaten Mineralwasser- und Brauereibrunnen sowie Gebiete des Steinkohlebergbaus Fracking sperren. In Naturschutzgebieten und Nationalparks dürfen aber keine Förderanlagen stehen.
Und anderswo?
Fracking in konventionellen Lagerstätten bleibt außerhalb der besonders geschützten Gebiete generell erlaubt; allerdings ist künftig anders als bisher eine Umweltverträglichkeitsprüfung erforderlich. Zudem dürfen die Frackflüssigkeiten allenfalls schwach wassergefährdend sein. Neben den Bergämtern müssen auch die Wasserbehörden dem Vorhaben zustimmen.
Wie steht es mit unkonventionellen Lagerstätten?
Dort ist Fracking unterhalb von 3.000 Metern Tiefe gestattet. Oberhalb davon sind zunächst nur wissenschaftlich begleitete Erprobungsbohrungen erlaubt. Ab 2018 ist auch dort eine kommerzielle Förderung möglich, sofern eine Expertenkommission dies mehrheitlich für unbedenklich hält und die zuständigen Behörden zustimmen.
Wer sitzt in der Kommission?
Jeweils ein Vertreter der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe, des Umweltbundesamts, eines Landesamts für Geologie, des Geoforschungszentrums Potsdam, des Umweltforschungszentrums Leipzig und einer Landeswasserbehörde.
MALTE KREUTZFELDT