: „Die Kleinen beißen die Hunde“
Der Altonaer TV-Star Tine Wittler will sich das Rauchen nicht verbieten lassen. Ihre Kneipe soll daher künftig als Vereinsheim eines Raucherclubs fungieren. Kleine Läden würden benachteiligt, begründet sie ihren Einsatz für die eigenen vier Wände
TINE WITTLER, 34, widmet ihr Leben erklärtermaßen drei Ks: Kartoffelaufzucht, Kneipen und Krachmachen. Bekannt wurde die Romanautorin durch eine TV-Serie über Inneneinrichtung.
INTERVIEW BIRGIT GÄRTNER
taz: Frau Wittler, seit wann rauchen Sie?
Tine Wittler: Etwa seit meinem 20. Lebensjahr.
Haben Sie zwischenzeitlich mal aufgehört?
Ja, zwei- oder dreimal.
Das Rauchen aufzugeben ist für viele Menschen ein guter Vorsatz zum neuen Jahr. Ist das für Sie kein Thema?
Nein, jedenfalls nicht 2008. Mein guter Vorsatz für 2008 ist es, weiterhin gute Arbeit zu leisten.
Sind Sie Gelegenheits- oder Gewohnheitsraucherin?
Mal so, mal so. Im Moment ist es wohl so: Ich nehme die meisten Gelegenheiten, die sich bieten, gern wahr – bin aber niemand, der schon vor dem Frühstück die erste Kippe im Mund hat.
Verstehen Sie sich als Genuss- oder Suchtraucherin?
Es wäre vermessen zu behaupten, alle meine Zigaretten wären reine Genusszigaretten. Sicherlich sind auch mal ein paar Stresszigaretten darunter. Fest steht allerdings: Die leckeren – das sind die reinen Genusszigaretten.
Wie sind Sie auf die Idee gekommen, Ihre Bar „Parallelwelt“ zum Vereinsheim des eigens gegründeten „Raucherei e. V.“ umzufunktionieren?
Auf diese Idee bin nicht ich gekommen, sondern die Stammgäste und Freunde der Bar, die den Laden gern erhalten wollten. Ich habe im Sommer laut und deutlich gesagt, dass ich die Bar schließen werde, wenn das Nichtraucherschutzgesetz greift – denn das Gesetz ist unfair allen kleinen gastronomischen Betrieben gegenüber, greift in mein Hausrecht ein und in meine unternehmerische Freiheit. Die „Parallelwelt“ liegt in einem Wohnhaus, ist zu klein für einen Raucherraum und hat keine nutzbare Außenfläche – die Raucher nach draußen zu schicken, würde Lärm, Dreck und vor allem Ärger mit den Nachbarn bedeuten, mit denen wir bislang sehr gut auskamen. 70 Prozent der Gäste sind Raucher. Befragungen haben ergeben, dass ebenso viele von ihnen seltener kommen würden, wenn die Bar ein Nichtraucherbetrieb wäre – im Gegensatz zu zehn Prozent Nichtrauchern, die gesagt haben, sie würden in diesem Fall öfter zu uns kommen. Von diesen zehn Prozent kann kein Laden überleben – geschweige denn seine Angestellten halten.
Wird Ihre Kneipe ein Mekka für RaucherInnen?
Nein, sicherlich nicht, denn das Rauchen an sich ist ja auch woanders nicht generell verboten. Es gibt genügend andere Läden, in denen ebenfalls weiter geraucht werden darf – dies aber in der Regel eben in abgetrennten Raucherräumen. Das ist genau das Unfaire an dem Gesetz: Die Kleinen beißen mal wieder die Hunde. Ich bin nicht bereit, das zu akzeptieren.
Was ist daran so erstrebenswert, in einer total verqualmten Kneipe zu sitzen und nicht mehr atmen zu können? Selbst viele RaucherInnen meiden solche Räume.
Eben! Genau deshalb wollen wir ja keinen „Raucherraum“, in dem es furchtbar stinkt, sondern weiterhin so zusammenkommen können, wie es bislang auch ohne Weiteres funktioniert – in einem zwar kleinen Laden, der aber dennoch Fenster hat und eine Lüftung. Wenn es einmal zu verraucht werden sollte – was bei uns in der Regel nur geschieht, wenn es extrem voll ist –, wird stoßgelüftet – und weiter geht’s. Hat doch bisher auch einwandfrei geklappt! Nichtraucher und Raucher leben, feiern und plaudern weiterhin ganz friedlich – miteinander und nicht gegeneinander. Genau das will der Verein ja auch zeigen: Dass es weder Spaß macht noch Sinn ergibt, zwei Bevölkerungsgruppen gegeneinander auszuspielen. Es geht darum, die bisherige Struktur, die bisherige „Familie“ zu erhalten – und zwar im geliebten zweiten „Wohnzimmer“.
Was sagen die Nichtraucher dazu?
Ich sage es immer wieder: In dieser Familie sind sowohl Raucher als auch Nichtraucher vorhanden. Aber, machen wir uns nichts vor: Die Nichtraucher sorgen nicht für den Umsatz, den wir brauchen, um unsere Angestellten halten zu können. Dies kann ich mit meiner mittlerweile gut vierjährigen Erfahrung als Gastronomin im Abendbetrieb guten Gewissens so sagen. Wir reden hier übrigens über eine kleine Bar ohne Küche und ohne minderjährige Gäste – weder über einen öffentlichen Raum noch über einen Ort, an dem Speisen verzehrt werden.
Gibt es keine sinnvolleren Möglichkeiten, Popularität zu nutzen, als Werbung fürs Rauchen zu machen?
Ich mache keine Werbung fürs Rauchen. Ich stelle lediglich meine Räumlichkeiten dem Verein Raucherei e. V. zur Verfügung, dessen Mitglieder die „Parallelwelt“ ebenso wie ich sehr lieb gewonnen haben und nicht auf die Möglichkeit verzichten möchten, sich hier weiterhin gemeinsam zu treffen – ob nun Nichtraucher oder Raucher. Ein Rauchverbot in allen öffentlichen Gebäuden oder überall dort, wo man sich nicht freiwillig aufhält, unterstütze ich voll und ganz. Ich bin aber nicht willens, mein Hausrecht beim Staat abzugeben, nur weil mein Laden zufällig ein bisschen kleiner ist als andere Läden.
Parallelwelt, Präsident-Krahn-Str. 24, Hamburg; Internet: www.parallelwe.lt