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Archiv-Artikel

Finnland: Spritfresser werden teurer

Was in Staaten ohne heimische Autoindustrie möglich ist, zeigt Finnland: Ab Januar stellt Helsinki die Besteuerung beim Neuwagenkauf um: Benzinschlucker kosten dann deutlich mehr als bisher, sparsame Autos werden in der Anschaffung billiger

EU WEHRT SICH

Die EU-Kommission und Deutschland streiten weiter über Klimaschutzauflagen für Neuwagen. EU-Umweltkommissar Stavros Dimas sagte der Welt am Sonntag zur Kritik von Bundesregierung und Autoindustrie, die Pläne zur Reduzierung des CO2-Ausstoßes seien „keine Bestrafung, sondern eine Chance für die deutsche Industrie“. Die Pläne „helfen dem Klimaschutz und führen gleichzeitig zu mehr Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Autos auf internationalen Märkten“. Dies führe nicht zu Jobverlusten, sondern sichere langfristig hochqualifizierte Arbeitsplätze. Zudem werde Autofahren billiger: „Die Autos können zwar durchschnittlich um 1.300 Euro teurer werden, die Autofahrer sparen aber gleichzeitig 2.700 Euro durch weniger Spritverbrauch.“

AUS STOCKHOLM REINHARD WOLFF

Seit Anfang November werden auf dem Markt neuer Autos in Finnland fast nur noch die durstigsten CO2-Schleudern verkauft. Die spinnen, die Finnen – könnte man meinen. Aber so ist es nicht, die Finnen können nur rechnen. Am 1. November gab die Regierung in Helsinki neue Vorschriften für die Kfz-Besteuerung bekannt, die am 1. Januar in Kraft treten. Dann nämlich werden spritfressende Autos erheblich teurer, sparsame Fahrzeuge werden billiger. Wer ein dickes Auto will, greift jetzt noch schnell zu; denn ein Benzinschlucker wie der Volvo V70 wird ab Januar 5.500 Euro teurer. Wer ein sparsames Auto sucht, wartet hingegen erst mal ab. Kein Wunder also, dass der Automarkt in Finnland vor Weihnachten zusammenbrach.

Ohne eine eigene Autoindustrie im Lande, die mit ihrer Lobbyarbeit klimafreundlicher Politik Knüppel zwischen die Beine werfen kann, macht Finnland nun einen Kraftakt, um seine schlechte CO2-Bilanz auf dem Verkehrssektor zu verbessern. Wurde bislang schon für alle Neufahrzeuge eine spezielle Autosteuer von 22 Prozent des Kaufpreises fällig, wird deren Höhe nun allein vom CO2-Ausstoß pro Kilometer abhängig gemacht. Und diese Reform schafft deutliche Kaufanreize für kleine sparsame Autos und solche mit Dieselmotor, die leicht bessere CO2-Bilanzen vorweisen. Oder wer wird noch einen VW Golf mit Benzinmotor wählen, der ab 1. Januar 3.049 Euro teurer werden wird, wenn die Steuer das Dieselmodell gleichzeitig um 3.896 Euro verbilligt? Bei einigen Volvo-Modellen wird der Unterschied zwischen Benzin und Diesel gar bei über 10.000 Euro liegen. Damit werden durstige Benziner extrem unattraktiv.

Lag 2006 der Anteil von Dieselfahrzeugen an Neuzulassungen in Finnland bei gerade 20 Prozent, wird für kommendes Jahr eine Verdreifachung auf 60 Prozent erwartet. Dazu trägt auch der niedrige Treibstoffsteuersatz bei: Mit rund einem Euro ist Diesel an der Tankstelle hier deutlich billiger als beispielsweise in Deutschland.

Doch hofft man in Helsinki, dass mit wachsendem Angebot auch das Interesse an Fahrzeugen mit Hybrid-Antrieb steigt. Hier spart man beispielsweise bei einem Honda Civic, der nur 109 Gramm CO2 pro Kilometer freisetzt, ab 2008 gleich 5.500 Euro. Und muss mit dem ebenfalls beschlossenen Inkrafttreten einer rein vom CO2-Ausstoß abhängigen neuen Kfz-Steuer-Reform jährlich nur noch einen Bruchteil der für das Benzinmodell fälligen Fahrzeugsteuer zahlen. Bei dieser Steuer wird Sparsamkeit ab 2010 mit einem Niedrigstsatz ab 20 Euro belohnt und großer Durst mit einem Höchstsatz von bis zu 600 Euro bestraft.