LESERINNENBRIEFE
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Wenig überzeugend

■ betr.: „Helft Syriens Opposition“, taz vom 28. 12. 11

Die Mission in Syrien, wie in allen arabischen Ländern des „Arabischen Frühlings“, zielt nur auf eine islamistisch-sunnitische Dominanz (s. Hinweis von Karim El-Gawhary in seinem Kommentar „Arabische Mission mit vielen offenen Fragen“, taz vom 28. 12. 11) und ist somit wenig überzeugend für die Etablierung einer westlichen Demokratie. Die in Libyen, Tunesien und Ägypten infolge der Umwälzungen entstandene Bildung der islamisch-sunnitischen Gesinnung war längst programmiert (durch westliche Übermacht). Syrien unterscheidet sich aber von allen genannten Ländern: kulturell, gesellschaftlich säkulär-demokratisch.

Der Sturz des Regimes bedeutet ein Ende der multinationalen Ära und das Scheitern des Versuchs einer zivilisierten Gesellschaft und somit eine Ausdehnung der Neuen Weltordnung. Die Korruption der Opposition ist nicht weniger unheimlich als die jetzige Regierung. GALIP KARAALI, Berlin

Krankmachende Arbeitshetze

■ betr.: „Die Rente mit 67 ist richtig, aber zu früh“, Kommentar von Ulrike Herrmann, taz vom 29. 12. 11

Ulrike Herrmanns Gedankengang in ihrem Kommentar ist schwer zu folgen. Sie schreibt: Die Menschen leben länger, die Zahl der Erwerbstätigen sinkt, ab etwa 2020 ist mit Vollbeschäftigung zu rechnen. Daher ist die Rente mit 67 dann richtig. Sie selbst weist aber im selben Artikel darauf hin, dass heute schon viele Arbeitnehmer mit gesundheitlichen Einbußen in den vorzeitigen Ruhestand gehen müssen.

Wird es dann 2020, wenn die Menschen noch zwei Jahre länger arbeiten sollen, plötzlich so sein, dass die 67-Jährigen fröhlich pfeifend mit gesunden Knochen in einen langen Ruhestand gehen können? Erst wenn die krank machende Arbeitshetze in Büros und Betrieben aufgehört hat, wenn eine auskömmliche Rente für alle gesichert ist, kann man an eine Rente mit 67 denken.

JÜRGEN JANZ, Bremen

„Die Renten sind sicher“

■ betr.: „Die Rente mit 67 ist richtig, aber zu früh“, taz vom 29. 12. 11

Wo ist der Gerüstbauer, Maurer, Beton(Landschafts)gärtner, Maler, Bäcker oder der Malocher am Band mit jahrein, jahraus denselben Bewegungen, der mit 65 noch arbeitet? Man kann sie vergolden, so rar sind sie. Meist haben der Bandscheibenvorfall oder irgendwelche Allergien sie aus dem Berufsleben gedrückt.

Auch die Aussage von Hermann-Josef Tenhagen („Eine Wette auf das eigene lange Leben“, taz vom 29. 12. 11, Seite 3), mit der Altersvorsorge früh anzufangen, ist Makulatur. Diese Berufsgruppen gehören, dank Lohndumping, nicht mehr zu den Topverdienern der Arbeiterklasse.

Spätestens wenn Kinder dazukommen, mit Schulgeld, weil die staatliche Schule um die Ecke nichts taugt, die Kinder studieren oder die Ehe auseinanderfliegt und Unterhaltsansprüche auftauchen, ist oft nicht einmal ein Urlaub möglich, geschweige denn eine Altersvorsorge. Diese Menschen sind die Stütze der Gesellschaft und man lässt sie voll im Regen stehen. Stützt lieber Banken als Renten.

Ich wähle keine Partei mehr, die diesen Rentenschwachsinn verbockt hat. „Die Renten sind sicher“ war für mich das Unwort des letzten Jahrhunderts. Ich hätte gerne mal einen Philipp Rösler oder Guido Westerwelle zwei Tage bei uns auf dem Friedhof zum Grabhügelschaufeln, Plattenlegen und Rasenmähen, journalistisch begleitet von der taz. Ob sie sich dann vorstellen könnten, das bis 67 durchzustehen? CHRISTOPH KROLZIG, Moos

Alt und aussortiert

■ betr.: „Na, wann wollen Sie in Rente gehen?“, taz vom 29. 12. 11

Die Rente mit 67 ist wieder einmal eine sehr schöne Idee, nur an der Umsetzung „hapert“ es gewaltig. Bedauerlich ist vor allem, dass der Staat keineswegs mit gutem Beispiel vorangeht, sondern sich selbst vieler älterer Arbeitnehmer (auch im öffentlichen Dienst) entledigt, um Personalkosten einzusparen. Übrigens ein sicherer Weg in die Altersarmut, weil die Betroffenen teils erhebliche Abschläge hinnehmen müssen.

Nein, was fehlt, ist ein Umdenken und ein gewisser Respekt vor der Lebensleistung älterer Menschen, die einfach besser anerkannt werden muss! CHRISTIAN LUKNER, Bonn

Unsoziale Hartz-IV-Gesetze

■ betr.: „Vom Job direkt in Hartz IV“, taz.de, 29. 12. 11

Die soziale Spaltung in Deutschland schreitet dank der unsozialen Hartz-IV-Gesetze leider immer weiter voran. Wenn selbst die Bundesagentur für Arbeit feststellen muss, dass immer mehr Arbeitslose sofort in Hartz IV abrutschen, ist was faul auf dem deutschen Arbeitsmarkt.

Wenn darüber hinaus auch noch das deutsche Sozialsystem das Risiko des sozialen Absturzes in die Armut nicht mehr verhindern kann, fliegt uns der ganze Laden bald um die Ohren, weil immer mehr Dumpinglöhne und befristete Arbeitsverhältnisse sowie Zeitarbeit es bald keinem Arbeitnehmer möglich machen, die Bedingungen für das höhere Arbeitslosengeld I jemals zu erfüllen. Der soziale Zusammenhalt in unserer Gesellschaft löst sich so immer weiter auf. ALBERT ALTEN, Wernigerode