Mediziner fürs Land

HOCHSCHULE Erstmals werden auch in Brandenburg Ärzte ausgebildet

Es herrscht Ärztemangel auf dem Land. Grund genug für Professoren der großen Klinken in Neuruppin und Brandenburg an der Havel, mit der Medizinischen Hochschule Brandenburg Theodor Fontane (MHB) nach fast vier Jahren Vorbereitung eine Privat-Uni aus der Taufe zu heben. „Der Anstoß war, dass wir zunehmend weniger und zunehmend weniger qualifizierte Studenten und Ärzte von der Charité bekommen“, sagt der Prodekan für Studium und Lehre, Wilfried Pommerien, Professor für Innere Medizin am Städtischen Klinikum Brandenburg an der Havel. „So haben wir uns entschlossen, unseren eigenen Nachwuchs auszubilden.“ Bislang hatte Brandenburg als einziges Flächenland keine medizinische Hochschule.

48 Studenten beginnen am Montag ihr erstes Semester in Humanmedizin auf dem Campus im Gelände der Ruppiner Kliniken in Neuruppin (Ostprignitz-Ruppin). Unter ihnen ist Patrick Timm aus Pinneberg in Schleswig-Holstein. „Ich interessiere mich besonders für den ganzheitlichen Ansatz, der in Neuruppin verfolgt wird“, sagt der 20-Jährige. „Eine Medizin von Mensch zu Mensch, anders als der Ablauf bei den großen Krankenhauskonzernen.“ Er hat nach dem Abitur in einem Krankenhaus gearbeitet und kann sich gut vorstellen, in einer Brandenburger Klinik oder in einer Landarztpraxis tätig zu werden.

Lange Wartezeit

Ebenso wie der Berliner Justus Ziegler, der fünf Jahre auf einen Studienplatz gewartet und als Krankenpfleger gearbeitet hat. „Ich interessiere mich für die medizinische Versorgung älterer Menschen, die an der MHB einen Schwerpunkt hat“, sagt der 23-Jährige. Denn die Bevölkerung in Brandenburg altert.

Damit passten sie bei der Auswahl der ersten Studenten genau ins Bild: Die Initiatoren der Privat-Uni wollen dem drohenden Ärztemangel im Land begegnen. Und Tausende Bewerber müssen wegen des Numerus clausus jahrelang auf einen Medizinstudienplatz an einer staatlichen Hochschule warten. Mehr als 450 Bewerbungen waren für das erste Semester eingegangen, denn bei der MHB ist ein Einser-Abitur nicht Voraussetzung für die Aufnahme. „Wichtiger war, dass Bewerber eine medizinische Vorbildung haben“, so Pommerien.

Getragen wird die MHB von den Ruppiner Klinken, dem Städtischen Krankenhaus Brandenburg an der Havel und dem Herzzentrum der Immanuel-Diakonie in Bernau. Das Land zahlt keine Zuschüsse. Brandenburg setzt bei der Ärzteausbildung auf die Zusammenarbeit mit der Berliner Charité, die mit 12 brandenburgischen Kliniken Verträge als Lehrkrankenhäuser hat.

Deswegen werden für das sechs Jahre dauernde Studium Gebühren in Höhe von 115.000 Euro fällig. Ein Netz von insgesamt 20 Kliniken gewährt den Studenten jedoch ein Stipendium von 80.000 Euro – das sie nicht zurückzahlen müssen, wenn sie nach dem Studium dort ihre meist fünf Jahre dauernde Facharztausbildung machen. Dahinter steckt die Hoffnung, dass die jungen Ärzte in Brandenburg „kleben“ bleiben. (dpa)