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Archiv-Artikel

Kampagne gegen NGOs

ÄGYPTEN Nach Razzien gegen 17 Nichtregierungsorganisationen in Kairo bestellt das Auswärtige Amt den Botschafter Ägyptens ein

Die KAS hatte sich zuletzt kritisch zur politischen Situation des Landes geäußert

VON JULIANE SCHUMACHER

BERLIN taz | Irritation unter Diplomaten, heftige Kritik aus Washington und Berlin: Am Donnerstag haben bewaffnete ägyptische Regierungskräfte die Büros von 17 Nichtregierungsorganisationen (NGOs) in Kairo gestürmt, darunter zwei Stiftungen aus den USA und von der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS). Computer und Dokumente wurden beschlagnahmt, die Büros verriegelt. Mindestens ein Mitarbeiter einer ägyptischen Menschenrechtsorganisation wurde verhaftet. Ägyptens Militär wirft ausländischen Organisationen vor, Proteste im Land zu schüren.

Die KAS zeigte sich „irritiert“ über den Vorfall. Dem Leiter des Stiftungsbüros in Kairo seien keinerlei schriftliche Dokumente vorgelegt worden, die die Vorwürfe der ägyptischen Staatsanwaltschaft konkretisiert hätten.

Die Bundesregierung bestellte am Freitagmorgen Ägyptens Botschafter ein und forderte Kairo auf, die Behinderung der Stiftungsarbeit „umgehend“ zu beenden. Die Durchsuchung werfe „ein kritisches Schlaglicht auf den Stand der Bemühungen um Demokratisierung und Transformation in Ägypten“, sagte der Sprecher des Auswärtigen Amtes. „Offensichtlich ist auf dem Weg zu freier Meinungsäußerung und Demokratie noch eine Menge Arbeit zu leisten.“ Die US-Regierung rief Ägyptens Regierung ebenfalls auf, die Verfolgung von NGOs sofort zu stoppen und die Vorfälle zu klären.

Das Kairoer Institut für Menschenrechte CIHRS wertet die Stürmung der Büros als Teil einer „Schmutzkampagne“ gegen zivilgesellschaftliche Organisationen, insbesondere jene, die Menschenrechtsverletzungen des Militärs kritisieren. Ein Teil der überfallenen Organisationen gehört zu den 36 ägyptischen Menschenrechtsorganisationen, gegen die seit Juni wegen Hochverrats, Verschwörung und Gefährdung der nationalen Sicherheit ermittelt wird. Vertreter der Organisationen wurden zu Verhören vor Militärgerichte geladen. Ihnen wurden weitere Konsequenzen angedroht, sollten sie ihre Arbeit fortsetzen.

Die Revolutionsbewegung wirft der Militärregierung vor, eine Militärdiktatur zu errichten, statt das Land in die Demokratie zu führen. Auch die KAS hatte sich zuletzt kritisch zu den laufenden Wahlen und zur politischen Situation geäußert. Polizei und Geheimdienst seien längst zu alten Praktiken zurückgekehrt, heißt es in dem auf der Webseite veröffentlichten Länderbericht vom 28. November. Die Menschenrechtslage in Ägypten sei so schlimm wie unter Mubarak: „Immer deutlicher hatten sich in den vergangenen Wochen und Monaten die Anzeichen verdichtet, dass die herrschenden Militärs den politischen Übergang verzögern oder sogar ganz verhindern wollen.“

Ägyptens Militär hatte letzte Woche behauptet, „aus dem Ausland finanzierte Organisationen“ seien für die Gewalt zwischen Militär und Protestierenden vor zwei Wochen verantwortlich. Dabei waren dutzende Menschen ums Leben gekommen. Bilder von auf Demonstrantinnen einprügelnden Soldaten sorgten weltweit für Entsetzen. Die Vorwürfe sind nicht neu: Seit Monaten macht die Militärregierung „feindliche Kräfte aus dem Ausland“ für andauernde Proteste gegen ihre Politik verantwortlich. Diese wollten „das Land schwächen und ins Chaos stürzen“. Die Revolutionsbewegung weist die Vorwürfe zurück und darauf hin, dass das Militär selbst 1,4 Milliarden Dollar Hilfe der USA erhält. Die Kampagnen der Regierung fördern jedoch die Fremdenfeindlichkeit.