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Archiv-Artikel

Netzvergabe in beklagenswertem Zustand

REKOMMUNALISIERUNG Nach Streit bei Strom und Gas folgt Zoff bei der Fernwärme: Senat verklagt Vattenfall

Es schien verworren genug bei den Energienetzen, die die SPD so gerne wieder verstaatlichen würde oder rekommunalisieren, wie sie es nennt. Wem künftig die Gasleitungen gehören, dürfte sich erst in mehrjährigen Gerichtsverfahren klären; beim Strom liegt das Vergabeverfahren auf Eis. Nun gibt es noch zusätzlich Streit bei der Fernwärme: Das Land klagt gegen den Branchenführer Vattenfall.

Wie jetzt durchsickerte, hat die SPD-geführte Senatsverwaltung für Finanzen bereits Ende Dezember eine sogenannte Feststellungsklage beim Verwaltungsgericht eingereicht: Die Richter sollen klären, ob das Land Vattenfall dessen Fernwärmesystem abnehmen kann – für ein „angemessenes Entgelt“. Anders als bei Strom und Gas gibt es nicht ein einziges Netz, das alle zehn bis zwanzig Jahre neu vergeben wird und über das alle Anbieter ihre Energie gegen Gebühr transportieren lassen. Vattenfall hat aber mit angeblich 90 Prozent Marktanteil eine dominierende Stellung.

Das Unternehmen wollte nicht zu der Frage Stellung nehmen, ob man die Klage als feindlichen Akt auffasse. „Dazu kann ich mich nicht äußern. Vattenfall und die Senatsverwaltung für Finanzen haben Stillschweigen vereinbart“, sagte Firmensprecher Hannes Hönemann.

SPD-Vizefraktionschef Jörg Stroedter, zugleich Chef der Parlaments-Enquetekommission „Neue Energie für Berlin“, erklärt die verworrene Lage beim Thema Energie mit schwierigen Vorgaben des Energiewirtschaftsgesetzes – und der Haltung des Koalitionspartners. „Die CDU steht bei dem Thema permanent auf der Bremse“, sagte Stroedter.

Die Christdemokraten halten ihrerseits wenig davon, dass die SPD eine Gerichtsniederlage des Senats in Sachen Gasnetz nicht akzeptiert hat, sondern vor einer Woche in Berufung ging. „Die CDU-Fraktion setzt auf Kooperation statt auf Konfrontation“, sagte ihr Chef Florian Graf. Das Landgericht hatte die Vergabe des Gasnetzes an die landeseigene Berlin Energie gekippt. Geklagt hatte der bisherige Netzbetreiber Gasag. Um ein solches Szenario beim ähnlich gelagerten Vergabeverfahren für das Stromnetz zu verhindern, stoppte die Finanzverwaltung daraufhin dort das Verfahren.

STEFAN ALBERTI