piwik no script img

Nach dem Putsch herrscht Stille im Land

■ Aus Burkina Faso liegen noch keine Einschätzungen vor / „Informierten Kreisen“ aus Paris zufolge hat Sankara in der letzten Zeit zunehmend zu repressiven Maßnahmen gegriffen / „Patriotische Front“ kritisiert „Abenteurertum, Infantilismuss, Voluntarismus“

Abidjan (afp) - Alle Hinweise in dem westafrikanischen Land Burkina Faso deuten darauf hin, daß der blutige Putsch vom Donnerstag regierungsinterner Natur war. Wie aus einem Kommunique der neuen Machthaber unter Haupt mann Blaise Campaore vom Freitag hervorgeht, wollte der ehemalige Präsident, Hauptmann Thomas Sankara, am Tag des Staatsstreiches einige Mitglieder des Nationalen Revolutionsrates (dem höchsten politischen Gre mium) verhaften und hinrichten lassen. Die „Patriotische Front“ unter Führung seines Justizministers Compaore sei ihm aber „zuvorgekommen“ und wollte ihn zu Beginn einer Konzertierungssitzung des Rates verhaften. Bei den anschließenden blutigen Auseinandersetzungen wurde Sankara getötet. Auch der Sicherheitsminister und zwei enge Berater des Präsidenten kamen um. Informierten Kreisen aus der französischen Hauptstadt zufolge wurde der Putsch durch einen Granatenangriff auf den Präsidialpalast ausgelöst. Insgesamt seien mindestens zwölf Menschen getötet worden. Sankaras „niedere Bedürfnisse“ In dem Kommunique der „Patriotischen Front“ hieß es dazu, Sankara habe nicht mit der Wachsamkeit und dem Widerstand gewisser Elemente in der Präsidentengarde und dem Revolutionsrat gegen seine „niederen Bedürfnisse“ gerechnet. Zwischen Sankara und seinem engsten Verbündeten Compaore - dem nunmehr neuen „starken Mann“ an der Spitze der ehemaligen französischen Kolonie - hatte es offenbar schon seit Monaten Unstimmigkeiten über die zunehmend repressiven Methoden des Staatschefs gegeben. Sankara habe darüber hinaus mehrere Anhänger Compaores aus der Regierung gedrängt. „Militär, nicht Ideologe“ Der Putschistenführer hatte zwar wiederholt seine Unterstützung für den durch den Staatsstreich Sankaras 1983 ausgelösten „revolutionären Prozeß“ bekräftigt, gilt aber in erster Linie als Militär und nicht als „fanatischer Ideologe“ wie sein Vorgänger. So kritisierte die „Patriotische Front“ in ihrem Kommunique das Abenteurertum und den Infantilismus in Sankaras Außenpolitik, die zu „unnötigen Spannungen“ mit den Nachbarn geführt hätten. Gleichzeitig wurden ihm wirtschaftliches Improvisieren, politische Zusammenhanglosigkeit, Voluntarismus und Vetternwirtschaft vorgeworfen. Deshalb habe die „Umgruppierung der revolutionären Kräfte“ am 15. Oktober einen „Korrekturprozeß zur Rettung des Volkes“ eingeleitet. 36 Stunden nach dem Putsch war die Ruhe in der Hauptstadt Ouagadougou und auch in den Provinzen des armen Landes wieder eingekehrt. Offenbar genießt die „Patriotische Front“ unter Campaore die Unterstützung zahlreicher Garnisonen des Landes, wie sie es am Freitag mitgeteilt hatte. Die Grenzen des Landes waren auch am Samstag noch geschlossen, die Flug– und Fernmeldeverbindungen unterbrochen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen