: Überwachungstechnik-betr.: "SEL besetzt den DDR-Markt für Vermittlungstechnik", taz vom 23.2.90
betr.: „SEL besetzt den DDR-Markt für Vermittlungstechnik“, taz vom 23.2.90
(...) Warum nennst Du die Sache nicht beim Namen? Während publikumswirksam die Kabel der altmodischen Stasi -Abhöranlagen durchgesägt werden, installiert nämlich SEL in der DDR modernste Überwachungstechnik: Bei der im Bericht erwähnten „digitalen Vermittlungstechnik“ handelt es sich mit ziemlicher Sicherheit um das auch in hiesigen Vermittlungsstellen eingesetzte „System 12“. Dies funktioniert nach dem Prinzip der „speicherprogrammierten Vermittlung“. Das bedeutet, daß für den Verbindungsaufbau Anrufer- und Zielnummer, Zeit und Dauer des Telefongesprächs gespeichert werden. Technisch bedingt werden also - im Gegensatz zur alten, analogen Relaistechnik, aber auch zu einer festgeschalteten digitalen Technik - lückenlos die Verbindungsdaten sämtlicher Telefongespräche gespeichert.
(...) Daß nun als eine der ersten westlichen Investitionen in der DDR der Grundstein für ein derartiges Überwachungsinstrumentarium, nämlich die „speicherprogrammierte Vermittlungstechnik“ installiert wird, ist zwar zynisch, aber aus Sicht der Telekommunikations- und Computerindustrie durchaus verständlich. Dort wartet schließlich ein Markt, den es genau wie in der BRD durch die Bereitstellung einer Infrastruktur (ISDN), die neben Sprache auch Daten, Texte und Bilder übertragen kann, vorzubereiten gilt.
Angesichts der schlimmen Erfahrungen mit der Stasi bleibt zu hoffen, daß die Installation einer derartigen Überwachungstechnologie in der DDR doch nicht so glatt über die Bühne geht, wie zum Beispiel SEL erhofft. Die von der Bevölkerung erhoffte Verbesserung des Telefonnetzes läßt sich schließlich technisch auch anders bewältigen.
In der BRD entwickelt sich zur Zeit eine lockere überregionale Zusammenarbeit von Initiativen (auch ehemaligen VoBo-Initiativen), die sich mit den vielfältigen (nicht nur Überwachungs-)Risiken von ISDN und anderen elektronischen Vernetzungen auseinandersetzen. Kontakt: TelekommunikAKTION, c/o Contraste, Postfach 104520,
6900 Heidelberg 1.
Dirk Bethe, Heidelberg
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
