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„Psychisch wieder ganz oben“

■ Bei der Eiskunstlaufweltmeisterschaft in Halifax will Richard Zander wenigstens in der Pflicht Erster werden

Berlin (taz) - Niemand glaubte, daß er noch einmal kommen würde. Darum berichtet Karin Doherty, Trainerin des Eiskunstläufers Richard Zander, mit besonderer Genugtuung, wie die Kampfrichter bei den Europameisterschaften in Leningrad überrascht werden konnten: „Richard ist alles gesprungen und hat sich bei der Internationalen Eislauf Union wieder einen Namen gemacht.“ Nach der Pflicht war er sogar Erster, fiel im Originalprogramm durch einen Patzer allerdings etwas zurück und fand sich nach der Kür auf dem fünften Platz wieder. Damit war Richard Zander um einen Platz besser als sein Konkurrent, der Deutsche Meister Daniel Weiss und durfte nun als alleiniger Vertreter zu den Weltmeisterschaften nach Halifax (Kanada) fliegen, wo er heute sein Pflichtprogramm zu absolvieren hat.

Richard Zander überraschte, weil er sich eigentlich schon aufgegeben hatte. Nach den Olympischen Spielen in Calgary verletzte sich der Deutsch-Amerikaner und fiel so zuürck, daß er zwei Weltmeisterschaften verpaßte. „Viele Gespräche waren nötig“, erinnert sich Karin Doherty. „Richard war psychisch ganz unten.“ Jetzt ist der 27jährige psychisch wieder ganz oben und steht im Training seine Sprünge wie eine Eins. Sieben Dreifache und ein Doppelaxel schmücken seine Kür, einen „Swing“, der beim Publikum gut ankommt. Zander möchte tanzen auf dem Eis und die Freude zeigen, die er zur Zeit beim Eiskunstlaufen empfindet. Für diese Saison hat er sich etwas Lustiges ausgesucht. Im nächsten Jahr kommt wieder Klassisches, „weil ich immer wieder etwas anderes machen möchte. Ich kann verschiedene Sachen laufen“.

Richard Zander fühlt sich so sicher, daß er inzwischen sogar einen Dreifachaxel springt und sicher landet. „Vier Jahre haben wir gebraucht, bis Stabilität in den Sprung reinkam,“ erzählt Trainerin Doherty von der mühevollen Arbeit: Fünf bis sechs Stunden Training am Tag sind erforderlich, ehe sich so etwas sehen lassen kann. Zander springt jetzt „aus dem Handgelenk“, wovor er früher Angst hatte, nachdem er sich bei einem Sprung die Schulter so ausgerenkt hatte, daß sie nur unter Narkose wieder eingerenkt werden konnte.

„In diesem Jahr ist Richard sehr gut“, sagt Karin Doherty. Doch trotzdem sieht sie ihn, ebenso wie er selbst, noch nicht auf dem Höhepunkt. „Er ist noch steigerungsfähig!“ Für die WM in Halifax hat er sich den siebten Rang vorgenommen. „Auf alle Fälle unter die ersten Zehn, damit bei der nächsten WM in München zwei bundesdeutsche Läufer an den Start gehen können.“ Seine Trainerin traut ihm sogar ein bis zwei Plätze mehr zu: „Richard tut immer so bescheiden.“ Doch Voraussagen sind immer fragwürdig in einer Sportart, bei der so viele Faktoren entscheidend sein können, Tagesform, Biorhythmus, Preisrichter...

Frühestens nach den Olympischen Winterspielen 1992 in Albertville will Zander seine Schlittschuhe an den Nagel hängen. Nach den Weltmeisterschaften in Kanada kommt erst noch der neue Reiz des „pflichtlosen Trainings“. In Halifax steht nämlich die Pflicht das letzte Mal auf dem Programm. Ob es für einen pflichtstarken Läufer wie ihn nicht schmerzlich sei, darauf verzichten zu müssen (bei der WM will er nochmal Pflichterster werden)? „Ich bedaure das schon. Aber ich habe mich damit abgefunden“, antwortet Zander. „Dann ist mehr Gelegenheit für andere Übungen. Irgendwie wird die Zeit schon ausgenützt.“

Thomas Schreyer

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