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Internationale Turbulenzen zur Deutschen Einheit

■ Die Welt der Diplomaten und Politiker rotiert / Bloß keine Panik / Sicherheit für alle eingefordert / Im Westen herrscht Einheit in der Bewertung des DDR-Wahlergebnisses / Vereinigung im gesamteuropäischen Kontext

Berlin - Die Deutsche Einheit ist für den französischen Außenminister Dumas noch in diesem Jahr kein Problem mehr. Im Französischem TV meinte Dumas, die Deutschen würden schon sehr bald mit Verhandlungen anfangen. Die Wahl jenseits der Elbe nannte er einen persönlichen Kohl-Erfolg, dessen Einheits-Kampagne den Konservativen zu passe kam.

Auch der tschechoslowakische Präsident Vaclav Havel hatte mit der Vereinigung gerechnet und zwar unabhängig vom Wahlergebnis. Im Deutschlandfunk sagte Havel am Dienstag, jeder vernünftige Mensch rechne damit, daß Deutschland zur Einheit findet. Es handele sich bloß darum, in welchem Zeitabschnitt dies geschieht. Havel, der sich derzeit in Paris zu einem Staatsbesuch aufhält, will die die Frage der Art und Weise der Einheit im gesamteuropäischen Kontext gelöst wissen. Die Ängste der Nachbarn vor einem einheitlichen Deutschland müßten beseitigt werden. Nach Havels Aufassung gehe es um die Methode und nicht ums Prinzip. Wie die Politik der CSR gegenüber dem zukünftigen Deutschland aussieht, hängt von den Handlungen der neuen Führung in Berlin ab.

Auch der italienische Außenminister Gianni de Michelis will nicht draußen bleiben, wenn es um Verhandlungen zu Deutschland geht. Vor dem Deutschen Industrie- und Handelstag verwahrte sich der Diplomat gegen eine Einteilung der Verhandlunspartner in Kategorien. Italien wolle keine förmliche Beteiligung an den „Zwei+Vier-Gesprächen“. Das „Deutsche Problem“ sei ein Problem aller. Der Minister verlangte auch Beratungen innerhalb des Nordatlantik-Paktes über die mit der Überwindung der deutschen Teilung verbundenen Sicherheitsfragen. Die KSZE bilde den Rahmen des „paneuropäischen Konsenses zur deutschen Einigung“.

Der Kanzler Helmut Kohl führt gegenwärtig Gespräche mit dem spanischen Ministerpräsidenten Felipe Gonzales in Konstanz am Bodensee. Kohl wolle den Spaniern einen Überblick über die Lage in der DDR und der weiteren Schritte zur Einheit geben.

Auch in anderen Staaten wurde das Wahlergebnis als klares Votum für eine schnelle Vereinigung gewertet, die Deutschen haben es eilig. Zu dieser Auffassung gelangten Belgien, Dänemark und die Japaner. Übereinstimmend bezeichneten in Brüssel Außenminister Mark Eyskens und in Den Haag sein Amtskollege Hans von der Broek den Wahlausgang als deutliche Befürwortung einer Nato-Mitgliedschaft des geeinten Deutschlands durch die Mehrheit der DDR-Bürger.

Österreichs Außenminister Alois Mock sieht in der Wahlentscheidung für die Einheit ein Verschwinden der „gefährlichen Sprengkraft einer geteilten Nation“. Noch wichtiger werde nach dieser Rückkehr zur Normalität ein alle europäischen Staaten umfassendes Sicherheitssystem.

ABC

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