: Europa schmeichelt Kohl
■ Frankreich unterstützt Artikel 23 / Sowjetunion: Deutschland ist „Kernstück der Stabilität“ / CDU-Sieg eine „Lektion“
Berlin (adn/taz) - In einem Radiointerview hat der französische Außenminister Dumas erstmals den Beitritt einzelner DDR-Länder zur BRD nach Artikel 23 unterstützt. Dies sei das „einfachste und direkteste Verfahren“. Ansonsten müsse über einen separaten EG-Beitritt der DDR nachgedacht werden, was schwieriger sei. Angesichts der Beschleunigung des deutschen Einheitsprozesses fordert Frankreich jetzt auch ein schnelleres Tempo in der EG. Noch dieses Jahr soll nach Präsident Mitterrands Vorstellungen eine EG-Konferenz über die europäische Währungsunion entscheiden.
Darüberhinaus legte CSR-Präsident Havel, der sich zu einem Staatsbesuch in Paris befand, einen Drei-Stufen-Plan zur europäischen Einheit vor. Zuerst soll eine Kommission für europäische Sicherheit gebildet werden; dann eine Organisation der europäischen Staaten, und schließlich eine europäische Konföderation. Auch im wirtschaftlichen und militärischen Bereich schreitet die europäische Einigung voran. Auf der KSZE-Wirtschaftskonferenz in Bonn betonte DDR -Staatssekretär Klaus-Christian Fischer, daß das Zusammenwachsen der beiden deutschen Staaten „auf keinen Fall die Perspektiven einer gesamteuropäischen Wirtschaftskooperation beeinträchtigen“ dürfe. Der UdSSR -Vertreter Ernest Obminski unterstrich die Rolle Deutschlands als „Verbindungsglied“ und „Generator“ neuer Formen der Zusammenarbeit. Der Leiter der UdSSR-Delegation bei den Wiener Abrüstungsverhandlungen, Oleg Grinewski, nannte die Vereinigung Deutschlands gar das Kernstück für Stabilität und Sicherheit in Europa.
Die neue Hofierung Deutschlands in Moskau äußert sich auch in der Erklärung des Gorbatschow-Beraters Vadim Sagladin, man wolle „keinen neuen Versailler Vertrag“ für ein geeintes Deutschland. Der Sieg der CDU in der DDR sei „eine wichtige Lektion, die wir analysieren müssen“.
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