: Ökolala-betr.: Brief der Grünen Liga, Dresden
Betr.: Brief der Günen Liga, Dresden
„Coca-Cola, Pepsi-Cola, Holstein-Pilsner, Fanta, DAB -Bier...“ und wie sie alle heißen, diese kleinen und größeren, bunten oder weniger bunten, aber doch so umweltfeindlichen Einwegaluminium- und Weißblechbüchsen aus der als „vorbildlich“ ökologisch und sozial arbeitenden bundesdeutschen Marktwirtschaft. Schon seit Wochen ist es dem DDR-Verbraucher gegönnt, sich langsam an den ökologisch orientierten Markt eines bald um 107.000 Quadratkilometer größeren Landes zu gewöhnen. Mit dem Schwung dieser Büchsen ist auch jede Diskussion vergessen, mit der man vor Monaten den Braunkohleabbau verurteilte oder dem wahnwitzigen Energie-pro-Kopf-Verbrauch als katastrophal hinstellte. Die Büchse in der Hand ist doch ein ganz anderer Genuß, kein sinnloser Weg mehr zur Flaschenannahme, nein, ein kurzes Zischen, drei große Schluck, ein kurzer Wurf und die Kinder haben wieder etwas zum Fußballspielen und Mutter Natur ist nicht mehr so einseitig grün beziehungsweise städtisch gesagt grau.
Wir fragen alle Händler, warum müssen sie Büchsen verkaufen, ist das der bequemere Weg? Wird uns unsere Umwelt nicht bald diese Sünden vergelten? An alle Verbraucher appelieren wir: Lassen sie die Büchsen dort, wo sie jetzt stehen, im Geschäft. Nur so können wir erreichen, daß der Markt sich wieder umstellen muß! Denkt daran - der Mensch ist genausoviel Natur wie ein Strauß Blumen, also müssen auch wir etwas für unsere Umwelt tun.
Milana Müller, Mitglied der Grünen Liga Dresden
Werte Redaktion! Ich habe soeben die Donnerstag-Ausgabe vom 15. März Ihrer Zeitschrift gelesen (die ich übrigens nur zufällig erhalten habe). Aber ich bin froh, daß dieses Blatt nicht hier bei uns gedruckt wird. Das kann ja einfach nicht wahr sein, in welcher Weise über
„Allianz“ und auch über uns Südddeutsche in Berlin geschrieben wird! Wir Sachsen und Thüringer sind also alle dumm und naiv und unterwerfen uns den bundesdeutschen „Menschenfressern“, ja? Ich wäre froh gewesen, wenigstens ein gutes Wort über die DSU, CDU ... herauslesen zu können, aber über diese „Märchenerzähler“ gibt es scheinbar keins. Ist ja klar! Gut, daß Sie vom Nord-Süd-Gefälle geschrieben haben. Tatsächlich unterscheiden uns immer noch (leider) Welten! Aber ich habe bisher in keiner sächsischen Zeitung einen derart unfairen Pressebericht gelesen! Was die Sache mit Schnur anbelangt, sind auch wir hier total enttäuscht und verachten ihn. Aber es würde mir in keiner Weise einfallen, gleich eisenhart zuzuschlagen und die ganze „Allianz“ mit Vorwürfen über den Haufen zu rollen! Aber die „Allianz“ ist natürlich RECHTS, wie Sie so wunderschön schreiben, und deshalb muß sie weg.
Natürlich muß man fairerweise auch der SPD ein bißchen anhängen. Damit glauben Sie es wohl getan zu haben? Sehr schön! Wir können natürlich froh sein, daß es Parteien wie die PDS gibt, die uns ja Gott-sei-Dank als einzige auf den richtigen Weg bringen! In Ihrer Ausgabe habe ich jedenfalls keinen einzigen Schwachpunkt dieser „neuen Partei“ gefunden. Bin ich ja beruhigt! Es gibt ja Modrow und Gysi, also gute Zunkunft ist gesichert! Klasse! Nur ich (wie auch sehr viele andere) glauben nicht dran. Naja, ich bin ja auch ein kleiner, naiver Sachse. Wenn der Gysi sagt, wir brauchen Zeit, dann sage ich: die haben wir schon lange nicht mehr! Herr Modrow kennt die Menschen hier im Süden sehr genau und weiß, was wir denken und fühlen. Hier in Sachsen ist das ganze Ausmaß des Frustes viel größer als in Berlin oder Mecklenburg, denn wir waren immer am beschissensten dran. Und das spiegelt sich auch in der Presse wider. Man spricht der „Allianz“ auch nicht gerade die größten Sympathien aus, aber die Berichte über „linke Parteien“ verlaufen wesentlich fairer! Und ich sage es Ihnen ehrlich: ich habe vor Gysi mehr Angst als vor zehn Kohl's! Sicherlich bin ich jetzt nach Ihrer Meinung noch bescheuerter, aber das ist mir vollkommen egal. Ich vertrete meine Meinung und die meiner gesamten Freunde. Auch ist mir egal, ob ich ich in diesem Brief viele Fehler (rein rechtschreibmäßig) gemacht habe und mein Schriftbild mies ist. Das ist für mich in dieser Situation ohne Bedeutung, da ich durch Ihre Zeitschrift so maßlos aufgebracht wurde! Bitte, sehen Sie mir das nach. Vielen Dank! Um nochmal auf Schnur zurückzukommen. Schon der Satz „Schnur tritt zurück, wann geht Eppelmann?“ zeugt in mir eine übelste Verachtung! Eigenartig finde ich auch, daß die Affäre 'Schnur‘ innerhalb von zwei Tagen restlos aufgeklärt wurde und sich nun alle glücklich
schätzen! Warum dauert das bei anderen Leuten so unendlich lange? Genauso trifft mich diese ironische „Gagzeichnung“ vom Kaffeetisch. Ist die Sache nicht schon schlimm genug für die „Allianz“? Ich behaupte von mir selbst, Kritik zu vertragen, aber was Sie hier anbieten, ist einfach zu viel! Total einseitige Berichterstattung, wie man sie in ähnlicher Weise vom Fernsehen kennt. Dort schneidet man sich auch Wortfetzen aus DSU-Veranstaltungen, um sie durch weitere Kommentare bis hin zur Verfälschung zu führen. Karl-Eduard läßt grüßen! Schade nur, daß dabei wiederum Wählerstimmen verloren gehen! In unserer Stadt läßt man sich da was Besonderes einfallen. Ehemalige SED-Riesen gehen in Rentnerheime und trichtern den ohnehin schon schwer belasteten Menschen den menschlichen Begriff „PDS“ ein. Oder ein Heimatarzt, der als SPD-Mitglied sich ausschließlich um Wahlkampf, aber leider nicht um seine Patienten kümmert. Ist das also der richtige Weg in eine glückliche Zukunft? Nein, danke! Aber ich bin ja nur naiv und unterwerfe mich dem bösen, bösen Helmut Kohl. Vielleicht könnten Sie mir Ihre Meinung senden. Ich wäre gespannt!
M. Schn., Bad Gottleuba
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