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Ein Netzwerk gegen den Rassismus in Ost und West

■ Die Berliner Initiative »SOS Rassismus« will mit spektakulären Aktionen à la Greenpeace gegen Rassismus und Diskriminierung vorgehen

Berlin. 1990: »Ein schwarzes Jahr für Flüchtlinge und Emigranten«, resümierte Messat Keskin, iranisches Gründungsmitglied von »SOS Rassismus« in Berlin, und kündigte zusammen mit MitstreiterInnen massive Gegenwehr an. »SOS Rassismus — ein Greenpeace für Menschenrechte«, so lautete die Devise auf der gestrigen Pressekonferenz, auf der sich die im Sommer gegründete Aktionsgemeinschaft der Öffentlichkeit vorstellte. Zu den Mitgliedern zählen neben rund 200 Einzelpersonen auch amnesty international, die Humanistische Union, die Deutsche Aids-Hilfe und die Initiative für Frieden und Menschenrechte.

Der Bezug zur mittlerweile weltweit bekannten Umweltorganisation ist allerdings nicht inhaltlicher, sondern methodischer Natur. Offensiv will man werden und mit ebenso spektakulären wie radikalen Aktionen gegen Rassismus vorgehen wie die Umweltschützer gegen Luftverpester und Giftmüllproduzenten. Man werde in Behörden und bei Politikern auftauchen, auf Flughäfen und beim Bundesgrenzschutz, überall dort, wo Ausländer drangsaliert und abgeschoben werden.

Die Tagesordnung diktieren in diesen Zeiten jedoch andere: vor allem das Bundesinnenministerium und das Bundesverfassungsgericht. Entsprechend scharfe Kritik äußerten deutsche und iranische Vertreter von »SOS Rassismus« am neuen Ausländergesetz und an der Abschaffung des kommunalen Wahlrechts für Ausländer. »Republikaner« und Christdemokraten, so Heidi Bischoff-Pflanz, ehemalige AL-Abgeordnete und »SOS-Rassismus«-Mitglied, betrieben Wahlkampf gegen Ausländer.

Ibrahim Böhme, Polizeibeauftragter des Ostberliner Magistrats, formulierte es etwas drastischer und bescheinigte den Parteien »einen schwindenden moralischen Hintergrund«. Die einen arbeiteten mit der Furcht, die anderen verschwiegen die Probleme im Buhlen um Wählerstimmen. Die Bevölkerung müsse »begreifen, daß, wo Rechte der ausländischen Mitbürger beschnitten werden, es auch gegen eigene Rechte geht«.

In regelmäßigen Abständen wollen ab sofort auch die Berliner Infotelefone Meldungen über »rassistische, sexistische, faschistische und antisemitische Diskriminierung und Übergriffe« dokumentieren. Veröffentlicht werden allerdings auch »noch nicht recherchierte Meldungen«, was eher den Hunger nach Gerüchten als nach Informationen stillen dürfte.

Mit einer Dokumentation über rassistische Überfälle in Berlin und Umgebung hat sich nun auch das »Black Unity Committee« (BUC), eine Vereinigung von BerlinerInnen afrikanischer Herkunft, zu Wort gemeldet. Im BUC haben sich Afrodeutsche und AfroamerikanerInnen aus Ost- und West-Berlin, aber auch Gruppen wie die »Initiative Schwarzer Deutscher«, der Medienverein »Black Media«, die Kulturzeitschrift 'Isivivane‘ und die Fußballmannschaft »Afrikickers« zusammengeschlossen. Andrea Böhm

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