piwik no script img

Böse Wirtschaft

KOMMENTAR

Böse Wirtschaft

Ob Henning Voscherau, Stadtchef einer Kaufmannsrepublik, die Gesetze der Marktwirtschaft noch einmal verstehen lernt? Dem bedauernswerten Republikchef setzen sie derzeit nämlich ganz bitterböse zu. Da wollte der gute Stadtvater seinen Untertanen einen überdachten Sportpalast auf dem Heiligengeistfeld schenken — doch die Marktwirtschaft sagte nein. Dann verlegte er den Bescherungsplatz nach Hammerbrook und versprach eine Mehrzweckhalle Arena. Doch das internationale Immobilienkapital legte nach kurzem Flirt seine Taschenrechner beiseite und signalisierte trocken: „Is nich.“ Kürzlich mußte der Senatshäuptling auch noch mitansehen, wie sein Lieblingsmulti, die kanadische Finanzholding Royal Trust, den Schluckauf bekam und Projekte an der Ericusspitze und am Nagelsweg cancelte.

Jetzt versauen Daimler, Thyssen, Siemens und die Deutsche Bank dem unglücklichen Landesoberen auch noch den Transrapid und den Großflughafen Parchim. Kann man da noch von Zufall sprechen?! Immerhin, auch das verrückte Projekt einer Chipfabrik von Philips in Hausbruch, vom Senat bereits mit EG-vertragswidrigen 100 Millionen Mark gesponsert, platzte ja kürzlich wg. Marktwirtschaft. Sollte es wirklich so sein, daß ökonomisch irrwitzige Projekte nicht mehr zu verwirklichen sind?!

Wir wollen es nicht hoffen. Wo kämen wir da hin: Keine neue Elbtunnelröhre, kein Stadtautobahnring, keine Ausbaggerung der Unterelbe, keine Hafenerweiterung in Altenwerder ... Ist doch wahr: Eine Stadtrepublik Hamburg, die nach den Gesetzen einer sozialen Marktwirtschaft funktionierte, wäre nicht mehr diese Republik! Kurz: Wer die Marktwirtschaft ernst nimmt und ökonomische Vernunft predigt, ist in Wahrheit ein Republikfeind.

Ob Voscherau diese Gefährdung des Rechtsstaates schon erkannt hat?! Wir empfehlen: Gegen alle unwilligen Großprojektinvestoren sollte wegen des Verdachts der marktwirtschaftlichen Unterwanderung unserer Subventionsrepublik Anklage erhoben werden. Herr Voscherau, übernehmen Sie! Florian Marten

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen