: In Bed with FC
■ "Elf Freunde müßt Ihr sein"
„Elf Freunde müßt Ihr sein“, Do., 23.00 Uhr, ARD
Nach seinem mit einem Grimmepreis gekrönten „Autobahnkrieg“ wandte Thomas Schadt sich jetzt dem allwöchentlichen Gladiatoren-Stellvertreterkrieg auf dem Fußballrasen zu. Das Motto „Elf Freunde müßt ihr sein“ öffnete dem Dok-Filmer die Kabinentür des erfolgreichsten deutschen Herren-Fußballclubs FC Bayern München. Doch die im Eingangssatz suggerierte inhaltliche Kontinuität zwischen Schadts beiden Filmen ist nur scheinbar: In seinem „Autobahnkrieg“ gelang Schadt ein genialer Schachzug. Als Tramper ließ er sich mit der Kamera mitnehmen und fragte deutsche Wagenlenker nach ihrem Fahrverhalten. Im naiven Glauben, selbstkritisch den eigenen Fahrstil zu analysieren, plauderte Bleifuß aus dem Nähkästchen. Das Ergebnis war ein ebenso faszinierendes wie bestürzendes Zeugnis psychopathologischer deutscher Killermentalität.
Genau jene unverstellte Authentizität blitzte in Schadts Fußballreportage leider nur sehr selten auf. Etwa wenn der pubertäre Unsympath Mehmet Scholl erklärt, daß er zufrieden ist, solange er mehr Geld besitzt, als er jemals ausgeben kann, und „eine hübsche Freundin“ hat, die sein Geld verwaltet.
Der Kardinalfehler in Schadts Dokumentation ist, daß er mittels langer Interviews mit einzelnen Spielern sowie — zugegeben interessanten — Einzelbeobachtungen dem Zuschauer suggeriert, daß es beim FC Bayern tatsächlich so etwas wie eine „menschliche“ Dimension gäbe. Beim FC Bayern agieren nämlich keine Spieler wie bei herkömmlichen Vereinen, sondern — streng arithmetisch — Summen. Jeder verdient mindestens DM 10.000,- im Monat, und wer unter die so gekennzeichnete Leistungsmarke fällt, wird ausgetauscht wie das schadhafte Teil einer Maschine. Die Restbundesliga ist das Ersatzteillager für den FC Bayern.
Dieses Prinzip, nach dem die Siegesserie dieses Fußballclubs Resultat einer rein wirtschaftlichen Spekulation ist, wurde nur selten offenbar. Etwa, wenn Manager Ulli Hoeneß nebenbei erläutert, wie der Wirtschaftsfaktor eines Vereins rechnerisch bestimmt wird. Aber in den langen, unerträglich „ehrlichen“ Gesprächen mit den Spielern drängt sich dann doch wieder der Eindruck auf, als ginge es um menschliche Belange. Wenn etwa Thomas Helmer den Eindruck vermittelt, als würde er tatsächlich kritisieren, daß die Italiener einmal um ihn gefeilscht haben — da kann man nur herzlich lachen.
Was dem Regisseur blauäugigerweise nicht gelingt, ist, Lippenbekenntnisse der Spieler als solche zu entlarven. Seine Reportage ist kein Blick hinter die Kulissen. Im Gegenteil. Der Mythos des FC Bayern wird mit seinem Film weiter poliert, ohne daß das Publikum direkt gezeigt bekäme, wie er zustande kommt. Wenn die Bayern spielen, dann ist das so aufregend wie wenn die Deutsche Bank an der Börse gegen die Stadtsparkasse spekuliert. Dies darzustellen hat „Elf Freunde müßt ihr sein“ in 120 zunehmend dröger werdenden Minuten nicht geschafft. Mit dem FC Bayern im Trainingslager, das ist ungefähr so spannend wie „In Bed with Madonna“. Manfred Riepe
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