Bau-Stau: „Lawine der Empörung“

■ Innenstadt-Kaufleute blasen zum Angriff auf die Bausenatorin

„Wir haben eine Lawine ausgelöst.“ Gert Teege, geschäftsführender Gesellschafter von Hi-Fi- Barlage ist zufrieden. Eine Anzeige in der Sonntagszeitung und die Begeisterten lassen seine Telefondrähte glühen. Nur schade, daß es nicht um Sonderangebote geht, die seine Ladenkassen klingeln lassen. Teege steht einer Initiative von Innenstadtkaufleuten vor, die schwer genervt sind vom Stau rund um die City. Und das hat sie veranlaßt, eine ganzseitige Anzeige zu veröffentlichen: „Da staut sich was zusammen, lieber Klaus“, heißt es balkendick vor einem quietschroten Himmel. Und darunter steht die Creme de la Creme des Einzelhandels: Von Schmidt-Grashoff bis Karstadt.

Die Einzelhändler befürchten das Schlimmste: Seit der Einrichtung der Baustelle am Herdentor seien in einigen Häusern die Umsätze um 20 Prozent zurückgegangen. Die City sei „fast unerreichbar“ gemacht. Wenn sich die Baustellen rund um die Innenstadt noch Monate hinziehen sollten, dann, so die Anzeige, seien tausende von Arbeitsplätzen gefährdet. Und an allem ist nur die mangelnde Koordination schuld: „Warum ein halbes dutzend Baustellen auf einmal und ohne erkennbaren Plan? Deshalb, lieber Klaus, fordern wir mit unseren Mitarbeitern: Schneller weg mit den Baustellen — bevor die Angestellten weg sind“.

Über die Pfingstfeiertage und bis gestern mittag hatten über hundert BremerInnen bei einer Kontakttelefonnummer angerufen und sich hinter die Aktion gestellt. In allen beteiligten Geschäften liegen Unterschriftenlisten aus. Die InhaberInnen hatten sofort zugesagt, sich an der Kampagne zu beteilgen. Gert Teege: „Wir waren selbst überrascht.“ Erst am vergangenen Mittwoch hatte sich die Initiative zum erstenmal getroffen.

Die Forderungen der Kaufleute sind klar: Rund um die Innenstadt gebe es ein guten Dutzend Baustellen, die die Stadt fast unerreichbar machten, die müßten besser koordiniert werden. Zweitens sollte an allen Baustellen rund um die Uhr gearbeitet werden. Teege: „Ich seh da selten einen arbeiten.“ Drittens aber, und das brennt den Händlern am meisten unter den Nägeln: Die neue Baustelle am Herdentor sollte soweit umgestaltet werden, daß dort der Verkehr zweispurig vorbeifließen kann. Teege: „Dann muß man eben den Fußweg einschränken.“

„Das ist ja alles Quatsch.“ Rainer Imholze, Sprecher der Bausenatorin ist stinksauer über die Anzeige. „So kann man die Innenstadt auch kaputtmachen. Die Innenstadt ist nach wie vor erreichbar.“ Die Händler seien frühzeitig informiert und in die Planung einbezogen worden. Beim Kanalbau im Herdentor würde tatsächlich deshalb schon rund um die Uhr gearbeitet. Die Baustelle am maroden Kanal sei auch nicht zu vermeiden gewesen. Imholze: „Die Kunden sollen ja nicht irgendwann auf dem Campingclo sitzen.“ Die Staus der letzten Tage seien Staus, wie sie immer wieder bei der Einrichtung einer neuen Baustelle auftreten: „Es dauert eine Zeit, bis sich die Leute drauf eingestellt haben. Und es gibt auch immer ein paar Verrückte, die keine Schilder lesen können.“ Im Übrigen seien die Baustellen in diesem Jahr so gut aufeinander abgestimmt, wie noch nie, und noch vor einigen Tagen habe es einen Brief des Baustaatsrats Lüthge an die Kaufleute gegeben: Schneller ginge es nicht, weil mehr Bau-Geschwindigkeit auch mehr Kosten bedeuten würden. Und wer vorschlage, beim Herdentor den Verkehr über den Fußweg zu leiten, der müsse auch sagen wo denn die Fußgänger bleiben sollen, so Imholze.

Die Resonanz auf die Anzeige war bislang ziemlich einseitig. Gert Teege: „Von der Politik haben wir noch nichts gehört.“ Teege: „Wir gehen bis zur Demo mit Lieferwagen auf dem Domshof.“ J. G.