Nicht mit Zündhölzern trommeln

■ Kampnagel: Der Spielplan 93/94 / Res Boshart kommt 1994

Als ein wohlklingendes Instrument will der künstlerische Kampnagel-Leiter Hans Man in't Veld im Sommer 1994 das Gelände in der Jarrestadt an seinen Nachfolger Res Boshart übergeben. Zusammen mit Kampnagel-Dramaturg Michael Batz und Geschäftsführer Jack Kufess stellte er gestern das Programm der Spielzeit 1993/94 vor. Am Nachmittag präsentierte dann Kultursenatorin Christina Weiss den künftigen Chef der Kulturfabrik Res Boshart aus Zürich, dortselbst seit 1986 Direktor des renommierten Festivals „Zürcher Theater Spektakel“.

Doch bis der Schweizer in Winterhude die Zügel in die Hand nimmt, ist für ein aufregendes Programm gesorgt. Auch das Konzept von Kampnagel als „Produktions- und Präsentationszentrum für innovative Konzepte und Arbeiten“ schrieb die Kampnagel-Leitung fest, um auch in Zukunft die Produktions- und Projektgemeinschaft, also die Arbeit der Freien Gruppen auf Kampnagel fortzuführen. Bis zum nächsten Sommer werden auf Kampnagel — abgesehen von unabhängigen Großereignissen wie Sommertheater-Festival und Frauenfestival — sieben auf Kampnagel gewachsene Festivals stattfinden wie Kabarett-Festival, Tanztheaterwochen oder das Produktionsforum der Nachwuchskräfte „Junge Hunde im Mai“. Neu ist im Januar 1994 unter dem Titel „Stand der Dinge“ das deutschsprachige Festival freier Theaterproduzenten, das in die Fußstapfen der inzwischen historischen „Besetzungsprobe“ treten soll. „Die erste Bundesliga der Freien Gruppen“ (Man in't Veld) soll in sich in Diskussionen darüber verwickeln, was Theater heute noch politisch zu sagen hat, wie die Entwicklung der letzten zehn Jahre gewertet wird, und wie die Zukunft aussehen könnte — und das kombiniert mit einer Werkschau von Aufführungen der Diskutanten.

Auch internationale Gastspielen sollen in der kommenden Saison wieder mithelfen, die Platzauslastung der 1.700 Plätze auf über 60 Prozent zu bringen, in der laufenden Spielzeit wird sie bei etwa 65 Prozent liegen. Besonders zu erwähnen ist Il y a une planete, einer Produktion des Theatre du Soleil, mit der die Spielzeit 93/94 am 6. Oktober eröffnet werden soll. Jean-Jacques Lemetre hat die Träume vom blauen Planet zusammen mit Ariane Mnouchkine produziert.

Kampnagel zum Thema nehmen will das Projekt Fabrik/Zeit/Schiff von Michael Batz, der der Transformation der Industrieruine in einen Kunstort, der auf der Suche nach sich selbst ist, auf die Spur kommen will. Die Realisierung aber hängt nicht zuletzt davon ab, ob der Senat Ende Juni dem von Jack Kufess erarbeiteten Haushaltsplan zustimmen wird wie es Christina Weiss schon getan hat. Erfolgt die Aufstockung der Mittel, bisher wurde der Etat in der Regel pro Jahr um 600.000 Mark erhöht, dann werden sich die Pläne der Kampnagel-Leitung mit dem geplanten Etat von 5,4 Millionen Mark verwirklichen lassen. Der 93er Etat von 4,8 Millionen Mark würde für das jetzt geplante Programm jedoch nicht ausreichen.

jk