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■ Die Vereinten Nationen vor dem BundesverfassungsgerichtDas Eigentor des Butros Butros Ghali

Wenn demnächst die Opposition El Salvadors mit der Regierung über die Umsetzung des Friedensprozesses streitet, oder die Roten Khmer beschließen, ihre Position statt mit dem Gewehr vielleicht vor Gericht durchzusetzen, könnte die eine oder die andere Gruppe auf die Idee kommen, einen ganz besonders prominenten Zeugen zum Auftritt zu bitten. Wenn er denn schon einmal damit angefangen hat, möge der Generalsekretär der United Nations sich doch auch in ihrem Fall zur Verfügung stellen und die Erfolgschancen der einen oder anderen Seite dadurch dramatisch erhöhen. Solche und ähnliche Szenarien mögen die Rechtsabteilung der UN letztlich dazu bewogen haben, Butros Ghali von einem Auftritt in Karlsruhe dringend abzuraten. Nach heutigem Kenntnisstand wird der UN-Generalsekretär sein Angebot an Kohl deshalb zurückziehen und in Karlsruhe nicht bezeugen, daß deutsche Soldaten sich ungefährdet in Somalia aufhalten. Dies soll aber jetzt sein Genfer Stellvertreter tun, was, wenn auch weniger spektakulär, immer noch ein bislang einmaliger Vorgang ist.

Was nur bewegt die Führung der Weltorganisation, sich so massiv in innenpolitische Auseinandersetzungen eines Mitgliedslandes hineinziehen zu lassen? Die einfachste Antwort ist Geld. Die UNO ist chronisch pleite, hat in ihren laufenden Großeinsätzen wenig Erfolge aufzuweisen, ist aber potentiell noch stärker gefordert als bisher. In dieser Situation ist Butros Ghali dringend auf das Wohlwollen eines so reichen Landes angewiesen wie die Bundesrepublik es nun einmal ist. Über Geld hinaus ist Ghali natürlich auch an einer stärkeren Einbindung der BRD interessiert, die mittels des Einsatzes eigener Soldaten einen verbindlicheren Charakter hat als bloße Überweisungen nach New York. Dafür, muß Ghali sich gesagt haben, kann man schon mal einen kleinen Abstecher nach Karlsruhe wagen.

In seinem Eifer, Helmut Kohl aus der Patsche zu helfen, hat Ghali allerdings mehr bewirkt als nur einen nicht-revidierbaren Präzedenzfall zu kreieren. Er schadet seinen ureigensten Interessen. Mit seinem Eintreten für Kohl schwächt er gerade die politische Position, die dem Generalsekretär ein stärkeres Gewicht gegenüber den Mitgliedsländern geben will. Schließlich beharrt die SPD bislang auf dem politischen und militärischen Primat der UNO bei Militäreinsätzen, an denen die Bundeswehr sich beteiligen können soll. Die CDU/CSU aber will in eigener Machtvollkommenheit Soldaten nach ihrem Gusto losschicken. Daran scheitert bislang eine Grundgesetzänderung. Daß Butros Ghali sich dennoch zum Kronzeugen der CDU/CSU machen läßt, zeigt entweder, in welchem Ausmaß der Generalsekretär erpreßbar ist oder aber, daß der Chef der Weltorganisation vom innenpolitischen bundesdeutschen Streit keine Ahnung hat. Beides ist für die Autorität der UNO eine mittlere Katastrophe. Jürgen Gottschlich

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