Unterm Strich

Mit Hunderten von Gratiskonzerten in Konzertsälen, auf Freiluftbühnen und auf der Straße wurde in ganz Frankreich am Montag zum zwölften Mal das inzwischen schon traditionelle Musikfest zum Sommeranfang gefeiert. Unter dem Motto „Faites de la musique“ – Macht Musik – waren Profis und Amateure wie an jedem 21. Juni seit 1982 aufgefordert, aktiv zum Programm beizutragen. Allein in Paris fanden 300 Konzerte statt. Im Konzertsaal Salle Pleyel konnte man Rossinis Stabat Mater hören, auf der Place de la République erfreuten INXS die Ohren von 50.000 Fans. Selbst friedliche Spaziergänger an den Ufern der Seine wurden von Bötchen aus mit Musik beschallt. Das Musikfest, eine Initiative des früheren Kulturministers Jack Lang, ist in Frankreich inzwischen fest etabliert und hat in 79 Staaten Nachahmer gefunden.

Bei uns nicht. Bei uns eröffnet dafür am Sonntag das Sinfonieorchester des Norddeutschen Rundfunks Hamburg unter Leitung von John Eliot Gardiner das achte Schleswig-Holstein Musik Festival in der Lübecker Marienkirche. Ministerpräsidentin Heide Simonis, Altbundeskanzler Helmut Schmidt als Ehrenvorsitzender des Kuratoriums und Intendant Justus Frantz werden zu den Zuhörern sprechen. Auf dem Programm stehen Werke von Bruckner, Messiaen und Buxtehude. Das Festival bietet bis zum 22. August an 29 Spielorten im Land zwischen Nord- und Ostsee, aber auch in Hamburg und im nördlichen Niedersachsen 128 Konzerte. Hinzu kommen ländliche Musikfeste in Schleswigs-Holsteins Schlössern und Herrenhäusern. Ein Schwerpunkt ist in diesem Sommer das Musikleben in Großbritannien und Polen. Aus beiden Ländern kommen mehrere Orchester, Ensembles und Solisten. Mit dabei sind unter anderen Jessye Norman und Anne-Sophie Mutter.

Bei den Wiener Festwochen waren die Höhepunkte diesmal rar, jedoch eindeutig. Jubel für das Piccolo Teatro aus Mailand , das Goldonis Komödie „Le baruffe chiozotte“ in der Inszenierung von Giorgio Strehler aufführte und die Leander-Hausmann- Produktion des Münchner Residenztheaters von Shakespeares „Romeo und Julia“. Buhs für Frank Castorfs „Alkestis“ und „Die schöne Helena“ in der Inszenierung des britischen Regisseurs Nick Broadhurst, der die Offenbach-Opperette nicht überzeugend über die Rampe bringen konnte. Achtungserfolge für die Ur- und Erstaufführungen der Opern „The Cave“ von Steve Reich und Beryl Korot, „Orphée“ des Belgiers Walter Huss und der „Hommage an Schiwago“ von Alfred Schnittke. Und wer landete den absoluten Publikumshit? Frenetischer Jubel für das barocke Lipizzaner-„Ballett“ vor dem Wiener Rathaus, mit dem die Festwochen eröffneten: 25.000 Zuschauer brüllten sich heiser. Broadhurst hätte die schöne Helena auf einem Lipizzaner setzen sollen.