Sanssouci: Vorschlag
■ „Hadoh“ – Eine Butoh Art Session im Tanzhaus
Wer Butoh hört, denkt am ehesten an weiß geschminkte Gesichter und Körper, an verlangsamte Bewegungen und seltsam verzerrte Gesichter. Der Butohtänzer Takuya Ishide sprengt den Rahmen des Gewohnt-Fremden; mit seiner Butoh Art Session „Hadoh“, die am Freitag im Tanzhaus in den Hackeschen Höfen Premiere hatte, konfrontiert er die Zuschauer mit einer anarchischen Ausdruckskraft, die wohl niemand erwartet hat.
Die Irritationen beginnen schon beim Eintritt in die leere Fabriketage: Die Zuschauer schnappen sich Klappstühle oder Sitzkissen und setzen sich – ganz dem Herdentrieb folgend – an eine Längsseite des verwinkelten Raumes. Unbemerkt von dem im Dunkeln flüsternden, kichernden und hüstelnden Publikum bewegt sich Takuya Ishide in den Raum: mit einer Langsamkeit als würde er Lichtjahre durchqueren. Mit Gongs, Schellen und anderen Instrumenten begleitet der Musiker Masa Sazaki den Tänzer bei seinen Streifzügen durch den Raum und zum Schluß wird Takuya Ishide dort tanzen, wo ihn das Publikum zu Beginn erwartete. Doch vorher wechselt er mit nur scheinbarer Langsamkeit so schnell die Spielorte, daß der schwerfällige Pulk der Zuschauer kaum hinterherkommt. Takuya Ishide ist aus der Zeit gefallen, der Zeit der ökonomisierten Bewegungen. Ganz langsam, aber in Wirklichkeit ganz schnell oder ganz schnell, aber in Wirklichkeit ganz langsam: Jeder (unbewußten) Vorstellung von Bewegungsabläufen wird im wahrsten Sinn des Wortes der Boden entzogen – der Tänzer schlängelt sich unter ein Holzpodest, auf dem sich ein Großteil der Zuschauenden versammelt hat, klopft mit solcher Macht gegen die Holzbretter, daß die Sitzenden davonspringen und stemmt die Holzplatten hoch, die sich wie Eisschollen aufeinandertürmen. Einen verlassenen Klappstuhl, über dessen Lehne noch eine Jacke hängt, zieht er durch den Raum und unbeschreiblich ist die Fremdheit der Begegnung zwischen dem Körper und dem Gegenstand.
So wie der Tänzer entwickelt auch der Musiker eine rituelle Kraft, er umkreist seine Instrumente, rollte sich mit ihnen auf dem Boden und entlockt ihnen dabei die erstaunlichsten Klänge. Mit „Hadoh“ geht die Veranstaltungsreihe „Tanz in den Hackeschen Höfen“, in dessen Rahmen das Tanzhaus vielen unterschiedlichen und ungewöhnlichen Tanzkünstlern Auftrittsmöglichkeiten bot, ihrem Ende entgegen. Als letzte Premiere gibt es im Tanzhaus Lole Gesslers „Stillen Tanz“ zu sehen. Michaela Schlagenwerth
„Hadoh“ ab 28. bis zum 30.6. um 21 Uhr im Tacheles; „Stiller Tanz“: 29. und 30.6., 20.30 Uhr im Tanzhaus
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen