: Müllvertrag auf der Kippe
■ Senat beschloß keine Unterzeichnung des MEAB-Vertrages und vergaß, den Partner Brandenburg zu informieren
Heute morgen um acht wollten sich Bevollmächtigte des Senats, der brandenburgischen Landesregierung und der Treuhand beim Notar treffen, um den Vertrag über die Übernahme der Märkischen Entsorgungsbetriebsgesellschaft (MEAB) zu schließen. Im brandenburgischen Umweltministerium hatte man bereits den eigenen Anteil am Kaufpreis in Höhe von 50 Pfennig bereitgelegt und wäre sicher auch in der Lage gewesen, dem Senat mit der anderen Hälfte großzügig auszuhelfen, doch der bekam in letzter Minute kalte Füße. Weniger die fünf Groschen, die er zum Kaufpreis beisteuern mußte, halten ihn von dem Deal ab, sondern vielmehr die Kosten der Sanierung der Mülldeponien Schöneiche, Vorketzin und Deetz, die mit der Übernahme der MEAB verbunden sind. 1,2 Milliarden Mark werden dafür in einem Gutachten veranschlagt, das für die beiden Übernehmerländer erstellt wurde. In Berlin wird allerdings befürchtet, daß diese Summe sich im Laufe der Sanierung als zu niedrig herausstellen könnte. Deshalb will der Senat nun in letzter Minute nachverhandeln. Statt den Vertragstext zu beschließen, hat er auf seiner gestrigen Sitzung Finanzsenator Elmar Pieroth (CDU) beauftragt, mit der Treuhand über eine Beteiligung an der Altlastensanierung zu sprechen. Der Senat hat dabei eine Haftungsfreistellung im Auge, bei der der Bund 75 Prozent der Kosten übernimmt.
Im Lande Brandenburg ist man über diesen neuerlichen Schwenk mehr als verärgert. Denn der Senat hatte es versäumt, seinen Vertragspartner in spe überhaupt von seinem Meinungswandel in Kenntnis zu setzen. Der für Abfall zuständige Abteilungsleiter des Umweltministeriums, Bernhard Remde, nannte zudem die Berliner Spekulationen „absolut illusorisch“. Eine Haftungsfreistellung habe der Bund bislang strikt abgelehnt, zudem würde sie sich, sollte sie erfolgen, natürlich im Wert des Unternehmens niederschlagen. Was der Bund zuschießt, würde die Treuhand über den Kaufpreis wieder einfordern. Außerdem müßte das Land Brandenburg die restlichen 25 Prozent der Kosten alleine übernehmen. Da findet man in Potsdam den Vorzugspreis von einer Mark viel lukrativer. Dieses Angebot gilt allerdings nur noch bis heute. Sollte der Vertrag nicht zustande kommen, hat sich die Treuhand vorbehalten, das Müllprojekt auszuschreiben. Deshalb hoffte man in Potsdam noch gestern abend, daß sich der Senat eines Besseren besinnen würde. Der wird sich, entgegen seiner gestrigen öffentlichen Aussagen, unter Umständen sogar zu einer Unterschrift beim Notar bereitfinden. Denn er hat in aller Heimlichkeit ein juristisches Schlupfloch gezimmert, das sein Risiko erheblich mindert. Er läßt den Vertrag unter den Vorbehalt der Zustimmung durch das Abgeordnetenhaus stellen. Sollten sich irgendwann unvorhergesehene Kosten in der Altlastensanierung ergeben, könnte er somit den Schwarzen Peter der Verantwortung an die Parlamentarier weitergeben. Dieter Rulff
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen