Kein Geld für Serben und Kroaten

Ex-Jugoslawien beherrschte G-7-Gipfel in Tokio / USA schließen „härtere Maßnahmen“ in Bosnien wieder mal nicht aus / Boris Jelzin für gute Zusammenarbeit mit Japan  ■ Aus Tokio Donata Riedel

Politikerverlautbarungen zu Kriegen sollten nicht allzu windelweich ausfallen, meinten wohl die Regierungschefs und Außenminister der sieben reichsten Industriestaaten (G-7). Obwohl sie sich ursprünglich gar nicht mit dem Thema befassen wollten, formulierten die Vertreter der sieben wirtschaftlich stärksten Staaten der Welt selbst an dem von ihren Referenten und Assistenten vorbereiteten Zehnpunktepapier zu Bosnien-Herzegowina, das traditionsgemäß am zweiten Tag des alljährlichen Weltwirtschaftsgipfels verlesen wurde.

Angesichts der „sich rasch verschlechternden Lage“ wollten die Präsidenten, Premiers und Kanzler aus den USA, Japan, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien und Kanada wohl zumindest „bekräftigen“, daß sie einer „von den Serben und Kroaten diktierten Lösung zu Lasten der bosnischen Muslime nicht zustimmen“ werden. Die Sieben versprechen in der Erklärung, daß sie nur eine „Lösung des Jugoslawienkonflikts“ akzeptieren wollen, der alle drei Kriegsparteien zugestimmt haben. Bundesaußenminister Klaus Kinkel formulierte zudem, daß „von uns keinerlei Druck auf die bosnischen Muslime in bezug auf deren Verhandlungsposition ausgeübt“ werde. Auf deutschen Druck sei der Satz eingefügt worden, daß die reichsten Länder der Welt den Serben und Kroaten keine Wiederaufbauhilfe zukommen lassen wollen, wenn sie „Bosnien durch gewaltsame Grenzänderungen oder ethnische Säuberungen weiter zerstückeln“.

Die USA beanspruchen weiterhin die Urheberschaft für den Satz „Härtere Maßnahmen werden nicht ausgeschlossen“, der eine Invasion von Bodentruppen in Bosnien weder ein- noch ausschließt. Hinter den Kulissen wurde in Tokio denn auch kritisiert, daß die G-7 sich durch derartige Formulierungen elegant aus der Verantwortung stehlen können, sobald die bosnischen Muslime durch die Tatsache der Eroberung gezwungen sein werden, den Plänen von Serben und Kroaten zuzustimmen. Auf anderen politischen Gebieten ist es den Statement-Schreibern gelungen, nur noch vier statt acht Schreibmaschinenseiten für die Erklärung zu benötigen. Unter dem Titel „Für eine sichere und menschlichere Welt“ haken die G-7 weltpolitische Punkte der Reihe nach ab. So soll die „Effizienz“ der UNO beim Friedensichern und Friedenschaffen gesteigert“, die regionale Zusammenarbeit speziell in Asien verbessert werden. Unter der Überschrift „Schutz der Menschenrechte“ taucht zudem erstmals in einer Gipfelerklärung eine „unkontrollierte Migration“ auf, die „unter Berücksichtigung ihrer eigentlichen Ursachen angegangen werden soll“. Erneut versprachen die Sieben Mittel- und Osteuropa „Zusammenarbeit“, wobei Rußland und erstmals die Ukraine namentlich erwähnt wurden. Die G-7 wollen die Verbreitung von Massenvernichtungswaffen bekämpfen, Nichtverbreitungs-Regime und Exportkontrollen sollen gestärkt werden. Im Bereich konventioneller Waffen soll bei der „Weitergabe“ künftig „Zurückhaltung“ herrschen. „Begrüßt“ und „unterstützt“ werden die neue Regierung in Kambodscha, die Friedensverhandlungen im Nahen Osten, die „Fortschritte in Südafrika“ und die rechtmäßige Regierung Haitis.

Als kleines Zugeständnis an die USA wollen die Sieben zudem „Druck“ auf den Irak und Libyen ausüben, während auf deutsche Initiative hin das „Verhalten des Irans“ Anlaß zur Besorgnis ist. Die Japaner haben als gute Gastgeber dieses Jahr darauf verzichtet, erneut die Rückgabe der vier südlichen Kurilen, die die Sowjetunion nach dem Zweiten Weltkrieg annektiert hat, von Rußland zu fordern. Auch der russische Präsident Boris Jelzin war bei seiner Ankunft in Tokio auf Harmonie bedacht und strich die Wichtigkeit der „freundschaftlichen Zusammenarbeit“ mit Japan heraus. Alle Fragen zwischen Rußland und Japan seien diskutabel.