: Schmutzige Fassaden gehören zum Stadtbild
■ Leipziger Unternehmen säubert Fassaden, ohne Wasser in die Kanalisation zu leiten / Berliner Reinigungsfirmen unentschlossen und schlecht informiert
Film-Prolet Motzki würde weder Augen noch Ohren trauen: Ließe er sich seine Hauswand von Grund auf reinigen, so käme der Anbieter mit der modernsten und umweltverträglichsten Technik aus dem Osten, genauer aus Leipzig: Die Firma Geo-Profi hat sich ihr Konzept – Fassadenreinigung mit Abwasser-Recycling – patentieren lassen. In Berlin gibt es solche Überlegungen noch nicht.
Dreckige Fassaden gehören in der Hauptstadt zum Stadtbild; Industrie, Kohleheizungen und der enorme Straßenverkehr hinterlassen an den Hauswänden bleibende Erinnerungen. Daß diese für die Bausubstanz schädlich sind, betonen Fachleute immer wieder. Fassadenreinigungen jedoch sind für die Umwelt eine enorme Belastung, da das dreckige Wasser normalerweise in die städtische Kanalisation geleitet wird.
„Wir bekommen dann von den Wasserbetrieben einen Gulli zugewiesen“, erklärt Bärbel Raguse vom Malereibetrieb Heinz Bein. Ob eine Hauswand mit Dampfhochdruck oder Wasser gereinigt werde, auf jeden Fall werde am Fuß des Gebäudes eine Auffangrinne installiert, um das ablaufende Wasser zum richtigen Abfluß zu schleusen.
Zuvor werde jedoch der pH- Wert gemessen, konkretisiert Ortwin Semmerow die Anforderungen an die Betriebe. Der Pressesprecher der Gebäudereiniger-Innung Berlin erklärte, daß der Wert 9 nicht überstiegen werden dürfe, wobei 7 neutral sei. Liegt der gemessene Wert jedoch darüber, so könne dies mit zusätzlichem Wasser ausgeglichen werden. Damit sinkt zwar die relative Konzentration, die absoluten Mengen werden hingegen nicht verändert, der Wasserverbrauch ist riesig. Für eine 5.000-Quadratmeter-Fassade würden bei herkömmlichen Verfahren etwa 40.000 Liter Wasser benötigt, rechnet der Leipziger Geschäftsführer Dora Bader vor.
Die Geo-Profi GmbH benötige für eine solche Fläche nicht einmal ein Zehntel: „Von welcher Umweltrelevanz dies ist, brauchen wir nicht zu erwähnen“, so Bader, dies gelte „besonders für unsere neuen Bundesländer“. Kerngedanke des Patents sei das „Kreislaufsystem“: Das Waschwasser wird in Sammelrinnen aufgefangen und in einen Sammelbehälter geleitet. Von da wird es in den Tank gesaugt, der zum gleichen Fahrzeug gehört, mithilfe dessen die Fassade gereinigt wird. Anschließend werde das Wasser über eine Zentrifuge gepumpt, Schadstoffe würden dabei „ausgefällt und ausgeflockt und in Feststoffbehälter“ geleitet. Das so gereinigte Wasser könne sofort wieder „über den Hochdruckreiniger als Waschwasser im Kreislaufsystem weiterverwendet“ werden.
Abwasser-Recycling sei auch für Berlin „sicherlich denkbar“, äußerte Innungs-Sprecher Semmerow gegenüber der taz. Allerdings müßten die Kosten bedacht werden: „Die Entsorgung kostet jetzt schon manchmal mehr als die eigentliche Reinigung.“ Malerbetriebs-Mitarbeiterin Raguse zweifelt derweil die Machbarkeit an: „Ich glaube nicht, daß das geht mit dem Ruß und dem ganzen Teer.“ Und am Arbeitskreis Fassade, einem Verein, in dem sich Berliner Fachbetriebe zusammengeschlossen haben, ist das Patent der Leipziger Firma offenbar gänzlich vorübergegangen: „Ich weiß gar nicht, ob so etwas überhaupt gemacht wird.“ Christian Arns
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