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Wird Sonderabfall zu Bauschutt deklariert?

■ Umweltpolitischer Sprecher von Bündnis 90/Grüne sieht neuen Bauschuttskandal / Senatsbauverwaltung beschwichtigt

Schwere Geschütze gegen die Senatsbauverwaltung: Der umweltpolitische Sprecher der Fraktion Bündnis 90/Grüne, Hartwig Berger, wirft der Behörde vor, den Abtransport von verseuchtem Bauschutt genehmigt zu haben. Das Material mit sogenannten „polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen“ (PAK) stammt laut Berger aus dem Abriß von Gebäuden auf dem ehemaligen AEG-Gelände in der Holländer Straße in Reinickendorf.

Statt den Schutt, der krebserzeugend sei, als Sondermüll einzustufen, habe der Bausenat veranlaßt, ihn zu Straßenbelag zu verarbeiten. Wie Berger gegenüber der taz erklärte, habe die Bauverwaltung durch fragwürdige Untersuchungen das Meßergebnis zu ihren Gunsten verändert, so daß der Bauschutt schließlich abtransportiert werden konnte. Es seien jedoch bei früheren Proben zunächst bis zu 25fache Werte über der in Nordrhein-Westfalen und auch in Brandenburg zulässigen Konzentration für Mülldeponien festgestellt worden. Damit hätte laut Berger die Einstufung als Sondermüll erfolgen müssen – mit einer entsprechend teureren Verbringung auf eine Sonderdeponie. Bei der letzten Probe, die schließlich zur Einstufung als normaler Bauschutt führte, habe man dann ein sehr „grobmaschiges und wissenschaftlich nicht aussagefähiges Verfahren“ gewählt.

Wie der Geschäftsführer der ursprünglich mit dem Abtransport beauftragten Firma Sigroma, Hans-Helmut Bock, gestern gegenüber der taz versicherte, sei der Sigroma von dem Abrißunternehmen Wisbau vor einigen Wochen gekündigt worden, nachdem man immer wieder auf die Gefährlichkeit der PAK-Stoffe hingewiesen habe. Man habe sich dem Drängen der Wisbau widersetzt, den eigentlich zum Sondermüll gehörenden Stoff als Bauschutt zu entsorgen. Erst kürzlich hatte die Sigroma der Wisbau ein Gutachten des Mannheimer Umweltinstituts Pedos vorgelegt, in dem die PAK-Konzentrationen bestätigt wurden. Nach den der taz vorliegenden Unterlagen werden auch hier „mehrfache“ Überschreitungen der zulässigen PAK-Grenzwerte festgestellt.

Wörtlich heißt in dem Pedos- Gutachten, die letzte Einstufung als Bauschutt sei „unbrauchbar“. Nach der Kündigung von Sigroma beauftragte die Wisbau die Berliner Verkehrsbauunion mit dem Abtransport des Schutts.

Die Bauverwaltung verteidigte gestern ihr Vorgehen. Die Sprecherin der Behörde, Petra Reetz, bestätigte den Abtransport des Bauschutts auf das Gelände der Verkehrsbauunion. Dort werde das Material dann von der Firma sortiert. Steine und Beton, die bei den zuletzt vorgenommenen Proben als „annähernd unbelastet“ eingestuft wurden, dürften dann für Straßenarbeiten als Bauschutt verwendet werden. Die besonders stark kontaminierten Reststoffe würden anschließend auf eine Sondermülldeponie verbracht werden. Zur Überwachung werde die Verwaltung Stichproben vor Ort unternehmen. Severin Weiland

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