piwik no script img

Schwarze Fahne über der deutschen Post

■ Zehn kleine Postämter werden dichtgemacht / KundInnenschwund von 25 Prozent / DPG: „Post dreht durch“

Am Postamt Domsheide hängt eine schwarze Trauer- Fahne aus dem Fenster — Symbol der Deutschen Postgewerkschaft (DPG) für die Schließung von zehn Postämtern in Bremen, die gestern von der Postdirektion verkündet wurde.

Der Präsident der Direktion Bremen, Johann Paffen, begründete die Schließung der Postämter damit, daß die Nachfrage nach Postdienstleistungen am Schalter in den letzten drei Jahren um 25 Prozent zurückgegangen sei. Das habe eine Analyse ergeben. Daher sei die Post gezwungen, ihre „Filialnetzstruktur an den tatsächlichen Bedarf anzupassen“. Mit den gleichen Bemessungsdaten will die Postgewerkschaft einen Verkehrsrückgang von nur 5-10 Prozent errechnet haben.

Folgende Postämter werden demnächst - genauere Zeitangaben wurden nicht bekannt gegeben - geschlossen: Faulenstraße; Hafenstraße (Freihafen), Carl-Schurz-Straße (Schwachhausen); Haverbecker Weg (Gartenstadt Vahr); Soltend (Osterholz); Arster Heerstraße, Niedersachsendamm (Huckelriede); Emslandstraße (Grolland); Lindenstraße (Vegesack), und Oberreihe (Lesum).

Die Personalräte der Ämter waren vor der öffentlichen Be

Auch in der Carl-Schurz-Straße werden künftig keine Pakete mehr angenommen oder Renten ausgezahltFoto: Katja Heddinga

kanntmachung nicht informiert worden. Darüber war die Postgewerkschaft (DPG) besonders erbost. Deshalb rückten Personalräte und GewerkschafterInnen mit Transparenten zur Pressekonferenz in der Postdirektion an. „Postvorstand dreht durch“ oder „Postmafia“ war auf ihren Plakaten zu lesen. Präsident Paffen wollte laut Aussage eines DPG-Mitglieds zunächst rigoros von seinem Hausrecht Gebrauch machen, doch einige Gewerkschafter konnten dann doch der Konferenz beiwohnen, während die anderen aus dem Haus rauskomplimentiert wurden.

Die etwa 23 Schalterkräfte sollen auf andere Arbeitsplätze umverteilt werden. Doch auch sie wurden erst gestern informiert. „Hier wird Politik nach Gutsherrenart gemacht“, empört sich Schütz. Diese Art sei bereits von der Generaldirektion aus Bonn bekannt, die öffentlich geäußert habe, daß ein so großes Unternehmen nicht demokratisch zu führen sei. Obgleich jetzt keine Stellen abgebaut werden, sollen in den kommenden Jahren nach Schätzung der DPG rund 3.000 Stellen gestrichen werden.

In Hamburg sind bisher schon 42 Postämter geschlossen worden. „Weil diese drittklassigen Manager in Bonn nicht kooperieren können, müssen die Bürger leiden“, sagte Schütz. Paffen von der Postdirektion hingegen versicherte, daß die BürgerInnen keine längeren Wege zu den Ämtern gehen müssen: Bis zum nächsten Amt sind es maximal 2.000 Meter. „Bei zwei Kilometer Luftlinie führen die neuen Wege jedoch oft über verkehrsreiche Straßen, und der Bus fährt manchmal nicht am Amt vorbei“, sagt Ortsamtsleiter Werner Mühl vom betroffenen Gebiet Schwachhausen. Im Sinne einer guten Bürgerversorgung haben der Beirat Schwachhausen und der Beirat Gartenstadt Vahr vor einigen Monaten Protest eingelegt, doch inzwischen haben sie die „Segel gestrichen“.

Die Post wartete gestern mit Trostpflastern für die BürgerInnen auf: Sie plant, die „Attraktivität“ der bestehenden Schalter zu erhöhen. Anstelle der Glaskästen wird es eine „offene Thekenlandschaft mit Universalschaltern“ geben.

Wirtschaftssenator Claus Jägers größte Sorge war gestern, daß die Post im Flughafen dichtgemacht wird. Vertreter der Postdirektion konnten ihn trösten, diese Filiale bleibt. Ansonsten zeigte Jäger Verständnis für die Maßnahmen der Postdirektion. Vivianne Agena

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen