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■ Filmstarts à la carteVon Texanern, Österreichern und pakistanischen Briten

Zwei Dokumentarfilme über Wahlkämpfe kommen diese Woche ins Kino: Zunächst wäre da The War RoomD.A. Pennebakers und Chris Hegedus' absolut empfehlenswerte Dokumentation des Wahlkampfes von Bill Clinton. In Japan seien die Kritiker fast in Ohnmacht gefallen, erzählte Pennebaker nach einer Vorführung auf der Berlinale. Sie konnten es einfach nicht glauben: Eine Bande junger Menschen wie du und ich, also Anfang 30, macht sich mit echt jugendlichem Draufgängertum daran, ihren Kandidaten als nächsten Präsidenten der Vereinigten Staaten durchzusetzen. Keine Generalprobe, kein „Mal so Ausprobieren“, da geht's definitiv um den großen Wurf.

Es gibt Lücken in dem Film, keine Frage, die Reaktionen des Wahlkampfteams auf die Enthüllung von Clintons Seitensprung werden nur stark gefiltert preisgegeben. Gelegentlich wurde das Kamerateam kurzerhand rausgeschmissen. Aber das Filmteam ist so dicht dran, wie man das hinter den Kulissen einer politischen Werbeveranstaltung gerade noch erwarten kann, und das ist mehr, als jede andere Partei auf der Welt von sich sagen könnte. Angeführt werden die Clinton-Wahlkämpfer von dem Sonnyboy George Stephanopoulos und einem äußerst charmanten Texaner, James Carville, der einzige, der die Vierzig schon überschritten haben dürfte. Carville ist eine Figur, wie man sie eigentlich nur in einem Hollywoodfilm erwartet. Die Beine in den engen Jeans und den Cowboystiefeln immer auf dem Tisch, eine Riesenklappe, ein gewiefter Werbestratege, der nicht die geringste Furcht davor hat, mit einem so jungen Team einen so wichtigen Wahlkampf zu starten, und wenn ich das richtig verstanden habe, dann ist seine Freundin die Dame, die das Wahlkampfteam von George Bush leitet. Carville ist eine äußerst seltene Mischung: beängstigend unbekümmert, wenn er sich kleine Gemeinheiten gegen Bush oder Perot einfallen läßt, und eisenhart in seinem Beharren auf der einmal als richtig befundenen Strategie: „It's the economy, stupid.“ Man sieht sicher nicht die ganze Wahrheit, aber man sieht garantiert Profis bei der Arbeit. Und das allein ist das Eintrittsgeld schon wert.

Die Wahlkämpfer zeigt 118 Minuten Jörg Haider im Wahlkampf und ein Porträt seiner Partei, der FPÖ. So verspricht es zumindest Regisseur Helmut Grasser. Und das Babylon faxt dazu: „Dieser Dokumentarfilm führt den Erfolg der FPÖ ausnahmsweise nicht auf das dämonische Charisma ihres Vorsitzenden zurück. Die Person Jörg Haider bleibt weitgehend ausgespart. Statt dessen kommen jene zu Wort, die Haiders Wahlerfolge erst möglich machen – als Funktionäre oder als Wähler.“

Britische Drehbuchprominenz ist am Samstag im Arsenal zu Gast. Aus Anlaß der Eröffnung der Reihe „Black Culture in Great Britain: Hanif Kureishi“ ist der britische Drehbuchautor, Schriftsteller und Filmemacher am Samstag bei der Vorführung von Stephen Frears' Mein wunderbarer Waschsalon selbst anwesend. Kureishi schrieb das Drehbuch zu einem Film, der alles hält, was die Zutaten versprechen: Charme, Witz, Politik und sehr viel Sex. Ein junger Engländer pakistanischer Herkunft eröffnet einen luxuriösen Waschsalon, während sein nichtsnutziger Vater auf dem Sofa liegt und über die Vorzüge geistiger Bildung schwadroniert. Seine Liebesaffäre mit einem Punk von der Nationalen Front schafft einige Probleme, doch sind die Methoden der Kahlköpfe längst nicht so wirkungsvoll wie die Suppe, die die pakistanische Ehefrau des Onkels kocht, um dessen englische Geliebte zu verscheuchen...Anja Seeliger

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