: Jürgen Hunke wechselt den Trainer
■ Kerngebietsauschuß entscheidet heute über die Zukunft der Kammerspiele Ex-Schauspielhaus-Intendant Gerd Schlesselmann ist Hunkes Königsmörder
Jürgen Hunke, selbsternannter „Retter der Kammerspiele“, hatte stets betont, ihm ginge es um die Institution Kammerspiele, nicht um eine bestimmte Person. Nun wird namentlich klar, was Hunke mit damit meinte: Gerd Schlesselmann, vorletzter Intendant des Schauspielhauses, ist von Hunke damit beauftragt worden, ein neues, von Barbarino unabhängiges Konzept für die Kammerspiele zu entwerfen. Hintergedanke der Aktion: Schlesselmann soll im Falle des immer wahrscheinlicher werdenden Abganges von Barbarino dessen Intendanz übernehmen.
Schlesselmann selbst bestätigte gestern, „den formellen Auftrag“ für ein derartiges Konzept von Hunke erhalten zu haben, wollte sich aber vor der heutigen Schicksalssitzung des Kerngebietsausschußes zu den Kammerspielen nicht zu Einzelheiten äußern.
Der Bezirkssitzung kommt deswegen entscheidende Bedeutung zu, weil Hunke seine weiteren Aktivitäten davon abhängig macht, daß der Kerngebietsauschuß einer Bespielung des Logensaales zustimmt. Dort will Hunke eine Kabarett-Bühne installieren, die gemeinsam mit einer reformierten Gastronomie die finanzielle Dauermisere der Kammerspiele (vermutetes Defizit: 700.000 Mark) beenden soll. Ohne Hunkes Engagement – gemeinsam mit den anderen Gesellschaftern will er 2 Mio. Mark aufwenden – müßten, wie gestern aus dem Haus bestätigt wurde, die Kammerspiele sofort Konkurs anmelden. Die letzten zwei Flops Waxman und Dr. Ratte haben die finanziellen Reserven des Hauses „auf Null gebracht“.
Schon die neue Gesellschaftsform, in Hunkes „Besitz GmbH“ ist Barbarino nicht mehr vertreten, hatte die Vermutung genährt, Hunke wolle den glücklosen Intendaten über das Gesellschaftsrecht aus seiner Position verdrängen, um den Kammerspielen auch einen personellen Neuanfang zu gewähren. Einem Konkurs von Barbarinos B+F-GmbH könnte Hunkes neue GmbH mit Schlesselmann als Intendaten nahtlos folgen: Wenn Hunkes Konzept heute bestätigt wird.
Till Briegleb
Siehe auch Kommentar S. 21
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