: Vulkan „nicht tragfähig“ - Heute Bürgschaftsentscheidung
■ Werften-Konzept fiel bei Gutachtern durch / Grüne lehnen neue Subventionen in Millionenhöhe ab
Heute kommen die Bürgschaftsausschüsse des Bremer Landesparlamentes zusammen, es geht in streng vertraulicher Runde wieder um Geld für den Vulkan. Mehrfach wurden in den letzten Monaten die Beschluß-Papiere als „Tischvorlagen“ ausgeteilt, große Zeit zur Vorbereitung soll den Abgeordneten nicht bleiben. Nach der Sitzung werden solche Papiere in wichtigen Fällen auch wieder eingesammelt, keiner der Volksvertreter soll später einmal etwas nachlesen oder mit Fachleuten besprechen können, was er mit beschlossen hat; die Verwaltung ist zufrieden, wenn alles brav abgenickt wurde.
Am gestrigen Sonntag hatten die Parlamentarier noch nicht einmal schwarz auf weiß vor sich, was sie heute genehmigen sollen. Einer, der dieses millionenteure Überrumpelungs-Spiel nicht mehr mitmachen will, ist der scheidende grüne Bürgerschaftsabgeordnete Ralf Fücks. Er informierte am Sonntag mittag die Presse und kündigte an, daß die Grünen nicht zustimmen werden.
Aus den ihm vorliegenden Unterlagen ist soviel klar: Wieder einmal soll das Land absehbare Verluste des Vulkan übernehmen. Wieviel, wird den Abgeordneten nicht klar gesagt. Es geht um die beiden Containerschiff-Aufträge mit den Nummern 110 und 111, ohne die die Vegesacker Schiffbauer in wenigen Tagen ohne Arbeit sind. Mit dem letzten baugleichen Schiff hatte der Vulkan 40 Millionen Verlust eingefahren, 110 Millionen waren die eigenen Kosten, 62,5 Millionen der vorher vereinbarte Kaufpreis. Das waren die turbulenten Konkurs-Zeiten, die Werftarbeiter hatten noch nicht auf ihre Löhne verzichtet. Wieviel Verluste es diesmal geben wird, darüber kann oder will die Werftleitung keine Angaben machen.
Ein verbindlicher Chartervertrag liegt zudem nicht vor, berichten Fücks und sein Fraktionssprecher Dieter Mützelburg. Und die Reederei hat das Eigenkapital für die Endfinanzierung noch nicht gesichert. Früher hatte der Vulkan selbst den Reedereien dieses Risiko weitgehend abgenommen, das geht nun nicht mehr.
Ursprünglich waren die beiden Containerschiffe von der NSB-Reederei geordert worden, die zur Hälfte dem Vulkan gehört. Seitdem das Land Bremen diese Anteile dem Vulkan abgekauft hat, um die Liquidität des Konzerns im Dezember zu sichern, wäre theoretisch das Land selbst Auftraggeber für die Schiffe. Das hätte mit Sicherheit die EU auf den Plan gerufen. Seit Monaten gibt es Verhandlungen mit der Conti-Reederei in München, den Auftrag zu übernehmen. Endgültig unterschrieben ist aber noch nichts.
Unterschrieben ist auch noch nicht die Finanzierung durch die Banken. Klar ist nur: Die Commerzbank als Konsortialführer will sich nicht mehr zu 50 Prozent an den Risiken von Vulkan-Schiffbauaufträgen beteiligen, wie sie das früher selbstverständlich getan hatte. Zu 100 Prozent, das ist die Bedingung der Commerzbank, muß das Land alle Risiken übernehmen.
Selbstverständlich fehlt auch noch die Genehmigung der EU. Die ist alles andere als selbstverständlich, muß sie doch nach den Richtlinien für „Schließungsbeihilfen“ genehmigen und es handelt sich, so Fücks und Mützelburg, nicht um eine normale Bürgschaft, „sondern um eine Verlustfinanzierung aus Steuergeldern“. Zur Schließung bietet das Land Bremen nur Werft-Teile an, die eh nicht mehr gebraucht wurden.
„Der dickste Hund“ jedoch sei in den für die Bürgschaftsausschüsse verteilten Papieren nur beiläufig erwähnt: „Die Fortführung des Vulkan über die beiden Neubauaufträge hinaus ist völlig ungesichert.“ Die beiden Werftvorstände von Vulkan und Seebeck sperren sich mit Erfolg gegen ein gemeinsames Unterweserkonzept. Der Senat protestiert offiziell dagegen und hält an einem „Unterweserkonzept“ fest, die beiden Konkursverwalter haben aber schon abgewunken: „Nicht realistisch“. Deshalb hatte der Senat streng vertraulich resigniert und die getrennten Zahlenwerke von Seebeck und Vulkan zur C+L Deutsche Revision zur Begutachtung gegeben. Das Ergebnis der Gutachter für die Vulkan-Werft in Vegesack: „Nicht tragfähig“. Seit Mitte Juni liegt dieses Ergebnis vor, peinlichst wurde es verschwiegen, Eingangsstempel ist der 5. Juli: Drei Wochen war die Nachricht angeblich auf dem 300 Meter langen Weg von der C+L bis ins Wirtschaftsressort. Fücks und Mützelburg: „Ohne ein ökonomisch tragfähiges Fortführungskonzept sind weitere Bürgschaften finanzielles Abenteuertum“. K.W.
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