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Kein Oberhaupt – kein Staatsbesuch

■ betr.: „Auswärtiges Amt. Wozu? Klaus Kinkels jüngster Staatsbe such in Sarajevo“, taz vom 10. 5. 97

Bevor ich mein Anliegen anspreche, möchte ich zu Beginn dieses Schreibens ausdrücklich darauf hinweisen, daß dieser Brief kein Leserbrief ist. Selbstverständlich steht es Ihnen aber frei, ihn zu veröffentlichen. Ich möchte Ihnen unseren Eindruck zu diesem Kommentar nicht vorenthalten, obwohl und gerade weil wir selbstverständlich in der Regel zu Kommentaren nicht Stellung nehmen.

1. Ich habe selten einen Kommentar gelesen, der so neben der Sache liegt wie der von Christian Semler. Es beginnt schon in der Unterzeile: Selbstverständlich war der Besuch von Bundesaußenminister Dr. Klaus Kinkel in Sarajevo am 8. Mai kein Staatsbesuch! Staatsbesuche sind nämlich Staatsoberhäuptern vorbehalten. Dies eher als Randnotiz.

2. Entgegen dem Eindruck von Herrn Semler diente die Reise gerade auch dem Ziel, der bosnischen Seite zu verdeutlichen, daß sie ihrerseits die Verpflichtung hat, die Voraussetzungen dafür zu schaffen, daß die Flüchtlinge in ihre Heimat zurückkehren können. Nicht die deutsche Seite hat in dieser Frage eine Bringschuld, sondern die bosnische Seite eine Holschuld! Wir erwarten von den Bosniern erhebliche eigene Bemühungen. Voraussetzung für die Flüchtlingsrückkehr ist im übrigen vor allem auch die politische Zusammenarbeit der drei Volksgruppen im Rahmen der Zentralregierung, in und zwischen den Entitäten.

3. Und vor allem ging es darum, alle mit der Rückführung befaßten Stellen – auf deutscher Seite wie auch auf seiten der internationalen Organisationen (UNHCR, Weltbank, EU-Kommission, OSZE etc.) – an einen Tisch zu bringen, mit dem Ziel, einen direkten Meinungsaustausch zu ermöglichen, den es in dieser Form bisher noch nicht gegeben hat.

Daß die Reise so ganz umsonst nicht gewesen sein kann, beweist die Tatsache, daß dieses Thema Gegenstand der Kabinettsberatungen vom 13. Mai ist und sich Bundesaußenminister Dr. Klaus Kinkel am 16. Mai mit Bundesinnenminister Kanther und den Innenministern und -senatoren der Länder im Auswärtigen Amt in Bonn trifft, um die sich aus der Reise ergebenden Fragen und die dabei gewonnenen Eindrücke zu beraten.

Ich möchte nicht verhehlen, daß uns dieser Kommentar in einer so seriösen und gut recherchierenden Tageszeitung wie der taz verwundert hat. Martin Erdmann, Sprecher des Auswärtigen Amtes, Bonn

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