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■ SurfbrettMagazin für die besseren Linken

Im Kampf und die Klickzahlen wird die Adresse www.hinter grund.com/ wenig Chancen haben. Schon der Name spricht dagegen. Und wenn jemand trotz allem eine Anzeige ausgerechnet hier schalten möchte, dann wären die Autoren wahrscheinlich um ihren Seelenfrieden gebracht. Denn das Magazin Hintergrund-Online ist den guten, wichtigen und richtigen Gedanken gewidmet. Die Redaktion will deshalb nicht nur „konzernunabhängig“ und „überparteilich“ sein, sondern auch noch „unabhängig von der Werbewirtschaft“. Irdischerweise sitzt sie in Erfurt, das Spendekonto ist jedoch in Göttingen angelegt, womit der zunächst sich aufdrängende Verdacht hinlänglich widerlegt ist, es handle sich um einen ostalgischen Konterschlag gegen die Netzwessis. Die Themen der mittellangen Textbeiträge sind weit gestreut. Es geht mal um die Kirche, mal um die Rüstungsindustrie, mal um die russische Mafia oder um die Transplantationsmedizin. Eine eindeutige politische Richtung ist nicht auszumachen. Manche Autoren schreiben sonst für das Neue Deutschland, und unser aller Oliver Tolmein, zeitweilig auch mal Chef der jungen Welt gewesen, ist mit einer Rezension von Breloers Fernsehspiel über die RAF dabei. Nur einen Mausklick weiter läßt sich Pastor Schorlemer über die Kälte des Westens und den tieferen Sinn der Liebe ausfragen. Solche Kontraste reizen durchaus zum Weiterlesen; da die Beiträge dann aber doch so oft nur wiederholen, was überall zu lesen war, stellt sich bald das Bedürfnis nach einer Antwort auf die Frage ein, was diese Nachdenker denn nun wirklich wollen. Ein bißchen zu hoch gegriffen schreibt die Redaktion, daß sie das „erste deutschsprachige Online-Nachrichtenmagazin“ herausgebe, das von keinem Printmedium abhängig sei. Sie will informieren, gewiß, auf die ernsten Probleme hinweisen, die in der Tagesaktualität zu kurz kommen – auch das. Vielleicht muß sie aber nur sich selber noch einmal beweisen, daß Linke seit Karl Marx, wenn sie nicht gerade herrschen, wenigstens das bessere Gewissen der politischen Publizistik sind.

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