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Verteilungskampf tobt um leere Fördertöpfe

■ Die Verbundausbildung gilt als beispielhaftes Konzept gegen Jugendarbeitslosigkeit. Doch nur wenige Betriebe kooperieren. Freien Trägen droht nun ein finanzielles Desaster

„Wenn es so weiterläuft wie bisher, muß ich meinen Laden dichtmachen.“ Marianne Hallers, Geschäftsführerin der Gesellschaft für praxisorientierte Berufsqualifizierung (GePra) in Lichtenberg, ist mit ihren Befürchtungen nicht allein. Seitdem Bund und Land ihre Fördermittel für die außerbetriebliche Ausbildung drastisch zusammengestrichen haben, tobt in Berlin ein Verteilungskampf, bei dem einige freie Träger leer auszugehen drohen. Wer keine Kooperationsbetriebe findet, die die Auszubildenden für einen Teil der Lehrzeit und damit auch die Ausbildungsvergütung übernehmen, ist auf Dauer nicht überlebensfähig.

Außer für besonders benachteiligte Zielgruppen gibt es seit 1997 keine Förderprogramme mehr, die eine außerbetriebliche Ausbildung zu hundert Prozent fördern – obwohl die Ausbildungsbereitschaft der Unternehmen ständig sinkt und auch die Fördertöpfe der Bundesanstalt für Arbeit leer sind.

Verbund-Ausbildung heißt das Konzept, das gerade kleineren Betrieben, die nicht oder nicht mehr ausbilden, Anreize liefern soll, in Kooperation mit den freien Trägern Lehrstellen zu schaffen. Dadurch können auch Firmen, denen bestimmte Segmente für eine Ausbildungsberechtigung fehlen, ihren eigenen Nachwuchs heranbilden; die Auszubildenden bringen wesentliche Kenntnisse und Fertigkeiten bereits mit, und die Firmen müssen nicht die ganze Ausbildung finanzieren.

„Zu Jahresbeginn sahen wir eine Ausbildungslücke von 3.500 Plätzen voraus. 2.500 sollen durch das Bund-Länder-Sonderprogramm besetzt werden“, erklärt Uwe Schulz-Hofen, Leiter des Referats Berufsbildungspolitik beim Senat für Arbeit, berufliche Bildung und Frauen. Aus diesem Topf erhalten die freien Bildungsträger pro Azubi nur noch 36.000 Mark. 1995 wurden aus Bundesmitteln noch 60.000 Mark finanziert. Die Lücke soll durch die Kooperationsverträge mit den Firmen geschlossen werden.

Bei GePrA haben im März dieses Jahres 93 Jugendliche mit einer Ausbildung im Baubereich begonnen, gefördert von der Berliner Zukunftsinitiative zur Schaffung zusätzlicher Ausbildungsplätze, die aus Lottomitteln finanziert wird. „Wir haben die Situation im März ganz anders eingeschätzt, als sie sich jetzt darstellt“, so Hallers. Zumal GePra seit Jahren gute Kontakte zu Firmen hat. Aber jetzt, wo es darum geht, kostenverursachende Auszubildende statt kostenloser Praktikanten unterzubringen, ist die Ausbeute gering: „Keine zehn Prozent kriegen wir bisher unter, und alles unter Vorbehalt“, so Hallers, die neben konkurrierenden Förderprogrammen hauptsächlich die katastrophale wirtschaftliche Lage der Firmen für diese Schwierigkeiten verantwortlich macht.

Eine Einschätzung, die von anderen Trägern geteilt wird: „Die Unternehmen wollen einfach keine Zusagen machen, weil sie nicht wissen, wie die Auftragslage in einigen Monaten aussieht“, so Tischlermeisterin Petra Kuppelwieser von Baufachfrau, Verein zur Förderung von Frauen in Bau- und Ausbauberufen. Seit Oktober 1998 werden hier 18 junge Frauen in der Tischlerei des Vereins ausgebildet, gefördert durch das Bund-Länder-Programm. Nach anderthalbjähriger Lehre sollen die Auszubildenden für ein Jahr in die Kooperationsbetriebe gehen. Zur Vorbereitung der Gesellenprüfung kommen sie zum Verein zurück. Aber auch dieses Konzept, das die leistungsintensivste Zeit in den Betrieben vorsieht, geht bisher nicht auf: Obwohl Hunderte von Firmen kontaktiert wurden, konnten bisher erst vier Verträge abgeschlossen werden. Und das, obwohl die Auszubildenen persönlich an die hundert Betriebe aufgesucht haben und auch extrem lange Fahrtzeiten in Kauf nehmen würden: „Den Betrieben ist es zu teuer, sie wollen sich nicht festlegen oder wollen lieber selbst ausbilden – und die wenigsten wollen Frauen nehmen“, so Kuppelwieser.

Was passiert, wenn die Träger, die in der Regel nicht über finanzielle Rücklagen verfügen, bis März 1999 keine Kooperationsbetriebe gefunden haben, ist noch offen: „Auf jeden Fall werden wir einen Vertragsbruch nicht finanzieren“, so Referatsleiter Schulz- Hofen. Denn die Träger seien auf das Risiko hingewiesen worden.

Aus den Schwierigkeiten hat man inzwischen Konsequenzen gezogen: Außerbetriebliche Ausbildungsplätze werden nur noch gefördert, wenn die Träger bereits Kooperationsverträge mit Betrieben abgeschlossen haben. Auch die Suche nach diesen Partnern wurde inzwischen professionalisiert: Unter Regie der SPI-Servicegesellschaft, die die Träger im Auftrag des Senats berät, koordinieren in jedem Bezirk ausgewählte Träger als Leitbetriebe die Verbundausbildung. Die Schwierigkeiten aber bleiben: Corinna Boldt, Projektleiterin für die Verbundausbildung beim Regionalverbund Kirch-Bauhof/Stattbauhof, hat in Friedrichshain 270 Handwerksfirmen angesprochen und konnte bisher ganze fünf Verträge akquirieren.

Dennoch hat für SPI-Sprecher Rainer Rodewald die Verbundausbildung Zukunft. Der regionale Ansatz, der stark auf die Betriebe setze, sei, wenn nicht quantitativ, so doch qualitativ erfolgreich. Das Problem der Jugendarbeitslosigkeit sei damit aber nicht lösbar. Ulrike Schuff

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