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Unteres Mittelmaß statt oberes Drittel

■ Der FC St. Pauli kann zu Hause nicht einmal gegen Aufsteiger Kickers Offenbach gewinnen

Der FC St. Pauli muss nach dem enttäuschenden 1:1 gegen Offenbach seine Ziele endgültig neu überdenken. Hatte sich Willi Reimanns Team zu Saisonbeginn noch am oberen Tabellendrittel orientiert, kam der sichtlich ratlose Coach nach dem Spiel endlich zur Einsicht und folgender bitteren Erkenntnis: „Wer nach sieben Spieltagen meint, wir spielten gegen den Abstieg, der sagt nichts Falsches.“

Dabei konnten die Voraussetzungen gar nicht besser sein, den ersten Heimsieg der Saison einzufahren, schließlich war mit dem Aufsteiger die schlechteste deutsche Profimannschaft zu Gast. Der Tabellenletzte ging auch äußerst verkrampft ins Spiel und hatte mit Gravelhörster nur einen Alibi-Stürmer aufgeboten, während sich der Rest des Teams in Erwartung der ohnehin schwachen Offensive der Hamburger am eigenen Strafraum versammelte.

Natürlich waren die Räume entsprechend eng, so dass sich der FC St. Pauli im Spielaufbau äußerst schwer tat – aber es gab Zeiten, in denen die Millerntorbuben jeden noch so defensiven Gegner beharrlich niedergerannt und eben erst mit der fünfzehnten Ecke das Tor gemacht haben. Von solch aufopferungsvollem Kampf aber war in der ersten Hälfte nichts zu sehen.

Im Gegenteil, die Paulianer zeichneten sich wieder einmal darin aus, einen deutlich schwächeren Gegner aufzubauen: Den Offenbachern genügten lediglich zwei Minuten ordentlichen Kombinationsfußballs, um ein sehenswertes Tor zu schießen. Günter Maier durfte in der 22. Spielminute den unverdienten Führungstreffer erzielen.

Die erschreckende Leistung der Reimann-Elf in der ersten Hälfte kann auch dadurch nicht entschuldigt werden, dass nach den Ausfällen von Holger Stanislawski, Markus Lotter und Stefan Hanke auch noch André Trulsen mit Leistenproblemen vom Platz musste. Es fehlte einfach die Entschlossenheit, um die von Ex-Nationalspieler Manni Binz organisierte Abwehr der Süddeutschen in Verlegenheit zu bringen. Folglich blieben Chancen Mangelware, und die Heimmanschaft wurde mit Pfiffen in die Pause verabschiedet.

Nach dem Wechsel schien der FC St. Pauli endlich begriffen zu haben, dass die Gäste nicht einmal mit Kontern gefährlich werden konnten: Der Druck wurde kontinuierlich erhöht, wenn auch nicht gerade mit spielerischen Mitteln. Bezeichnenderweise nach einem Eckball war es dann Ivan Klasnic, der mit dem ersten Saisontreffer vor heimischem Publikum überhaupt ausgleichen konnte. In der Folgezeit ergaben sich zwar noch einige Tormöglichkeiten, die der FC St. Pauli beim besten Willen nicht nutzen konnte.

Dieses Unentschieden könnte für beide Vereine Folgen haben: Als möglicherweise benötigter Nachfolger von Offenbach-Coach Boysen könnte nach der heutigen Krisensitzung ausgerechnet Pauli-Assistent Dietmar Demuth präsentiert werden. Philipp Jarke

St. Pauli: Wehlmann, Karl, Trulsen (35. Klasnic), Tsoumou-Madza (89. Ahlf), Wehlage, Bajramovic, Puschmann, Wolf (81. Bürger), Karaca, Marin, Pereira

Offenbach: Curko, D. Roth, Binz, Dolzer, Dama, Giersch (68. Insecu), Schmidt, Köpper, Maier (90. Sohler), Grevelhörster, Ertl (76. Becker)

SR.: Koop – Z: 13.138

Tore: 0:1 Maier (22.), 1:1 Klasnic (59.)

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