Südafrikas Kinder als Polizeispitzel

■ In „Reintegrationslagern“ werden verhaftete Kinder festgehalten / Über 4.000 Kinder wurden während des Ausnahmezustands inhaftiert

Aus Johannesburg Hans Brandt

Am Wochenende wurde in Südafrika bekannt, daß die Regierung seit etwa drei Wochen insgeheim sogenannte „Reintegrationslager“ betreibt, in denen aus der Ausnahmehaft entlassene Kinder auf ihre „Rückkehr in die Gemeinschaft“ vorbereitet werden. Max Coleman, ein Sprecher der Menschenrechtsgruppe DPSC, die die Situation von Sicherheitshäftlingen überwacht, befürchtet, daß die Kinder in den Lagern dazu gezwungen werden sollen, als Spitzel zu arbeiten. Es wird geschätzt, daß unter dem seit drei Monaten bestehenden Ausnahmezustand bisher 4.000 Kinder inhaftiert worden sind. Job Schoeman, Sprecher des Erziehungsministeriums für Schwarze, das die Lager verwaltet, bestätigte, daß landesweit „fünf bis sechs“ Lager dieser Art existieren. „Das hat nichts Böses an sich“, versuchte Schoeman zu beschwichtigen. „Ich weiß, manche Leute könnten denken, daß wir hier Gehirnwäsche und Indoktri nation betreiben, aber das ist nicht wahr.“ 167 Kinder hätten sich bisher „freiwillig“ für ein solches Lager gemeldet. Außerdem würden die Lager nicht vom Ministerium selbst, sondern von „externen Beratern“ betrieben. Schoeman weigerte sich jedoch zu sagen, wo genau die Lager seien. Auch die Namen der „Berater“ wollte er nicht nennen. Die Johannesburger Zeitung City Press, die eine überwiegend schwarze Leserschaft hat, berichtete jedoch in ihrer Sonntagsausgabe, daß es sich bei einem der „Berater“ um den berüchtigten Dr. Johan van der Westhuizen handelt, einen der wichtigsten jungen Strategen der regierenden Nationalen Partei. Van der Westhuizen hat in der Vergangenheit verschiedene „reaktionäre Desinformationsprojekte“ gestartet. So war er beteiligt an einem konservativen Nachrichtenblättchen, daß scharfe Angriffe auf Anti–Apartheid Aktivisten veröffentlichte. Er war auch Mitbegründer von konservativen Organsationen, die die Arbeit progressiver Gruppen unterminieren. City Press zufolge betreibt van der Westhuizen nun eine „Beratungsfirma“ für Erwachsenenbildung in Pretoria. Diese Firma soll für die „Reintegrationslager“ verantwortlich sein. „Wir befürchten, daß das wahre Motiv hinter diesen Lagern darin liegt, eine subtilere Methode anzuwenden, um Informanten zu gewinnen“, sagt Coleman. DPSC berichtet auch von Fällen, in denen Kinder nur unter der Bedingung freigelassen wurden, daß sie in ein „Reintegrationslager“ gehen.