piwik no script img

Ein „Pfeiler“ mit Fragezeichen

■ Westeuropäische Sozialisten für „Pfeiler“ in der NATO und Beteiligung an Rüstungskontrollverhandlungen

Aus Bonn Ursel Sieber

Eine Beteiligung der Westeuropäer an den amerikanisch–sowjetischen Verhandlungen über Mittelstreckenwaffen in Europa und einen Ausbau des „europäischen Pfeilers“ innerhalb der NATO haben die sozialistischen/sozialdemokratischen Parteien der westeuropäischen NATO–Staaten auf einer Konferenz in Oslo gefordert. Der Vertreter der SPD, Egon Bahr, stellte gestern in Bonn ein Kommunique vor, das in Oslo ein stimmig verabschiedet worden ist. Auch Vertreter der Atomwaffenstaaten in Europa, der französischen Sozialisten und der britischen Labour–Party, nahmen an der Konferenz teil. Die Rolle Europas in der Sicherheitspolitik sei der Bedeutung der europäischen Mitgliedsländer nicht angemessen, heißt es im Kommunique. Darum müßte ein „europäischer Pfeiler im Bündnis grundsätzlich die Verteidigungspotentiale aller europäischen Mitgliedsstaaten umfassen“. So könne der „europäische Einfluß“ auf die Ost–West–Verhandlungen gestärkt werden. Grundsätzlich müßten die NATO–Staaten auch an den Verhandlungen der Atommächte über die nuklearen Arsenale in Europa beteiligt sein. Über die Rolle von Atomwaffen bestünden zwar unterschiedliche Auffassungen, doch sei man von der Notwendigkeit überzeugt, zu einem Konzept der atomaren „Mindestabschreckung“ zu kommen. Über die „Struktur“ eines europäischen Pfeilers müsse „der Gedankenaustausch fortgesetzt werden“. Unklar bleibt die Rolle der französischen und britischen Atomwaffen innerhalb dieses Pfeilers: Würde ein gemeinsames Oberkommando gebildet werden, und wie wäre die BRD daran beteiligt? Egon Bahr dazu: „Die Deutschen würden nie einen Finger auf den Drücker bekommen und wollten das auch nicht.“ Über die Rolle Fankreichs, deren Sozialisten bisher vehement die Anrechnung der französischen Atomwaffen bei den Verhandlungen in Genf abgelehnt haben, heißt es im Kommunique nur lapidar, sie seien als Thema für „künftige Untersuchungen“ vereinbart worden.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen