: G A S T K O M M E N T A R Grenzwert–Guru
■ Zum Entwurf eines bundeseinheitlichen Strahlenschutzvorsorgegesetzes
Mit dem Entwurf eines Strahlenschutzvorsorgegesetzes haben sich die Regierungskoalitionen auf die Tatsache eingestellt, daß nach Tschernobyl die Katastrophe auch bei uns vorstellbar geworden ist. Noch vor einem Jahr wäre es unvorstellbar gewesen, daß ausgerechnet CDU, CSU und FDP ein Gesetz vorlegen, das den Alltag nach einer nuklearen Katastrophe in der Bundesrepublik regeln soll. Umweltminister Wallmann, Minister für Reaktorschutz, will sich mit diesem Gesetz zu Kompetenzen ermächtigen lassen, die er im „Ernstfall“ ausfüllen kann, aber nicht ausfüllen muß. Grenzwerte, etwa für Lebensmittel oder Bodenbelastungen, sollen offenbar nach der Devise „Augenmaß und Handgewicht“ festgelegt werden. Wallmanns Clou: Er will die Bundesländer kaltstellen und zu Geigerzähler–Trägern degradieren. Sie sollen laut Gesetz nur noch mit seiner Genehmigung Verhaltensregeln für GAU–gerechtes Benehmen der Bürger aussprechen dürfen. Wallmann als Grenzwert–Guru, der allein Dosisgrenzwerte, Belastungsgrenzwerte und deren Berechnungsverfahren durch Rechtsverordnung bestimmt - bei solchen Ermächtigungsregelungen läuft es mir kalt den Rücken herunter. Doch die von Kohl eingesetzte Public–Relations–Agentur für Atomenergie in Form eines Umweltministeriums steht unter Erfolgszwang. Bis zur Bundestagswahl steht die Vortäuschung von Sicherheit auf dem Auftragszettel. Doch wenns konkret wird, muß der neue Hoffnungsträger der Bundesregierung passen: Er weiß bis heute nicht, was mit dem Tschernobyl–verseuchten Heu passieren soll, das ab November als Winterfutter für bundesdeutsche Rindviecher vorgesehen ist. Klaus Lennartz, Stellv. Obmann der SPD–Bundestagsfraktion im Umweltausschuß
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