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Kronzeugen erwünscht

■ Im Bundeskabinett wird eine Kronzeugenregelung gegen die RAF erwogen Zimmermann sieht die Rasterfahndung durch den Datenschutz behindert

Aus Bonn Oliver Tolmein

Regierungsparteien und Kabinett berieten gestern über Konsequenzen aus dem Anschlag auf den Ministerialdirektor im Auswärtigen Amt, Gerold von Braunmühl. Auf der Kabinettsitzung hat Bundesinnenminister Zimmermann die vom CSU–Abgeordneten Fellner wieder in die Diskussion gebrachte Kronzeugenregelung als „sehr erwägenswert“ bezeichnet. Bundesjustizminister Engelhard (FDP) sprach sich ebenfalls dafür aus, diese Initiative genau zu durchdenken. Zwar gebe es rechtssystematische Bedenken, weil in der bundesdeutschen Rechtssprechung das Legalitätsprinzip herrsche, eine Straftat also verfolgt werden muß, im ähnlich aufgebauten italienischen Recht aber habe sich gezeigt, daß es Möglichkeiten gebe, dieses Prinzip in bestimmten Situationen abzuschwächen. Für eine Kronzeugenregelung spreche, so unterstrich der Sprecher des Bundesjustizministeriums vor der Bundespressekonferenz, daß derzeit ein „Ermittlungsnotstand“ bestehe. Im übrigen sei wahrscheinlich, daß durch die Einführung einer derartigen Regelung die RAF verunsichert würde. Kanzler Kohl hat die Kabinettsitzung zum Anlaß genommen, das Motiv des Anschlags der RAF zu enthüllen: „Es ist ein Versuch der Terroristen, die Öffentlichkeit zu verunsichern“. Im übrigen wurde die Ministerrunde informiert, daß die von Kanzleramtschef Schäuble geleitete Staatssekretärskommission - von Regierungssprecher Ost als „Arbeitsgruppe Kripo“ bezeichnet - prüfen soll, ob und welche gesetzlichen Maßnahmen noch vor Ende der Legislaturperiode zu ergreifen seien. Bundesinnenminister Zimmermann beklagte sich mit Blick auf die FDP überdies noch, daß infolge der Datenschutzdiskussion die Durchführung der Rasterfahndung über Gebühr erschwert sei, was Bundeswirtschaftsminister Bangemann veranlaßte festzustellen, daß die Freien Demokraten fest entschlossen seien, „alle sinnvollen und praktischen Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus zu ergreifen. Wer an diesem Willen zweifelt, begeht politische Brunnenvergiftung und arbeitet letztlich den Gegnern unseres Staates zu“. Den Frieden, vor allem zwischen den Koalitionspartnern CSU und FDP, soll eine Kommission wiederherstellen. Ihre Einsetzung beschlossen die Regierungsparteien gestern. Die Kommission, in der über die Konsequenzen aus dem Anschlag gesprochen werden soll, ist mit Vertretern aller Regierungsparteien und der Regierung besetzt. Tagesthema Seite 3

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