Warnke: Strukturanpassungs– Darlehen a la Weltbank geplant

■ Gelder für Entwicklungsländer, die ihre Wirtschaft nach dem Gusto von Weltbank und Bundesregierung umkrempeln

Von Ulli Kulke

„Keinerlei Einfluß“ wolle man mit dem neuen Instrument auf die Entwicklungsländer nehmen, beteuerte die Sprecherin des Bundesministerium für Wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ gegenüber der taz. Der Wortlaut der Vereinbarung, die ihr Chef Jürgen Warnke jetzt mit seinem Kollegen und Finanzminister Gerhard Stoltenberg getroffen hat (die der taz vorliegt), spricht eine andere Sprache. Es geht um „Strukturhilfen“, die die Bundesregierung künftig Dritte–Welt–Ländern gewähren will, wenn sie ihre Volkswirtschaft gemäß den Vorstellungen der deutschen Bundesregierung umkrempeln. Nicht mehr nur einzelne Projekte sollen gefördert werden, die gesamten Volkswirtschaften sollen quasi als „Projekte“ angesehen werden, die die Bundesregie rung entwirft und „durchführt“. „Das bisherige entwicklungspolitische Instrumentarium gab jedoch kaum Möglichkeiten, ähnlich wie die Weltbank durch die Finanzierung von Strukturanpassungen direkten Einfluß auf Rahmenbedingungen in einem Entwicklungsland zu nehmen. Der Einfluß der Bundesregierung auf notwendige Strukturanpassungen hängt jedoch in hohem Maße auch davon ab, daß sie sich finanziell an entsprechenden Förderungsprogrammen beteiligt. Zwischen den Ressorts besteht Einvernehmen, daß die Bundesregierung in Zukunft Strukturhilfen geben kann“, heißt es in der interministeriellen Vereinbarung. Diese für die bundesdeutsche Entwicklungspolitik neue Form der „Hilfe“ soll aus einem Topf von 375 Millionen DM finanziert werden, der allerdings auch für die „Allgemeine Warenhilfe“ vorgesehen ist. Wieviel da von in die Strukturhilfe fließen wird, ist also noch unklar. Die Gelder werden dem Haushalt für Finanzielle Zusammenarbeit entnommen und sollen noch im Haushaltsjahr 1987 feste Zusagen an Regierungen von Entwicklungsländern ermöglichen. Die Programme will sich die Bundesregierung zumindest vorerst nicht allein ausdenken: „Strukturhilfen (auf einzelne Sektoren oder die Gesamtwirtschaft ausgerichtet) werden im Zusammenhang mit entsprechenden Förderungsprogrammen der Weltbank ausnahmsweise auch im Zusammenhang mit entsprechenden sektoralen Programmen anderer multilateraler Geber eingesetzt“ heißt es in dem Papier. Die Strukturhilfen der Weltbank, deren Ausmaß in den vergangenen Jahren gewaltig in die Höhe schnellte, laufen in der Regel auf Unterstützung eines marktwirtschaftlichen, insbesondere weltmarktorientierten, Kurses hinaus. „Keinerlei Lieferinteressen der bundesdeutschen Industrie steckten hinter dem neuen Instrument“, betonte die BMZ–Sprecherin. Daß die Klausel der Vereinbarung „Unmittelbare Finanzierungsgegenstände von Strukturhilfen sind Importgüter“ jedoch den bundesdeutschen Export ankurbeln soll, ergibt sich schon allein aus den allgemeinen Richtlinien für die öffentliche Entwicklungshilfe, die Warnke kurz nach seinem Amtsantritt auf entsprechende Linie gebracht hat. Die noch unter Verschluß liegende Vereinbarung ist bislang ausschließlich Sache beider Minister. Am 12.11. soll der Ausschuß für wirtschaftliche Zusammenarbeit erstmalig darüber beraten, der eigentlich seine Haushaltsberatungen für 1987 als abgeschlossen betrachtet hat. Die Entwicklungsexpertin der Grünen im Bundestag kritisierte das Vorhaben, das ihrer Ansicht nach die Haushaltspolitik des BMZ noch stärker der Kontrolle durch das Parlament entzieht, da man sich nun an den Interessen der Weltbank auszurichten gedenke.