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Kulturkrach um Grünen–Ausstellung

■ In Recklinghausen wurden drei anti–israelische Bilder aus einer Ausstellung entfernt und vom Amtsgericht wieder zugelassen / SPD–Politiker sieht bei grünen Ausstellern „Tendenz zu faschistischem Hitlerverschnitt“

Von Petra Bornhöft

Recklinghausen (taz) - Noch fünf Tage ist im Recklinghausener Festspielhaus eine Ausstellung des palästinensischen Künstlerverbandes zu sehen, die für einen heftigen politischen Streit in der Revierstadt sorgte. Insbesondere drei Bilder erregten bei Parteien und Verwaltung unbändigen Zorn. Kulturdezernent Holtmann zwang die Organisatoren der Ausstellung, die Grünen, drei anti–israelische Exponate aus den städtischen Räumen zu entfernen. Nach einer Entscheidung des Amtsgerichtes dürfen die Karikaturen nun doch wieder gezeigt werden. Für die Grünen „sind karikaturistische Vergleiche zwischen Zionismus und Faschismus angesichts der Geschehnisse im Nahen Osten zulässig“, sagt Ratsfrau Elke Klemann, die sich mit dieser Äußerung eine Rücktrittsforderung von SPD und CDU einhandelte. Nur um die Eröffnung der Ausstellung in den von der Stadt angemieteten Räumen nicht zu gefährden, hatten die Grünen die umstrittenen Bilder abgehängt. Das erste zeigt in einer Collage die Mißhandlung eines jüdischen Kindes neben Trümmern und Leichen der 1982 von den Israelis bombardierten Palästinenserlager Sabra und Chatila. Das zweite beanstandete Bild stellt eine zweigeteilte Menschenfigur dar - halb israelischer Soldat, halb SS– Mann. Auf dem dritten, zensierten Exponat schaut der frühere is raelische Ministerpräsident Begin aus einem Panzer. An seiner Uniformmütze prangen Davidstern und SS–Rune. Vor dem Panzer sitzt ein verschrecktes Kind. Nach Meinung des Kulturdezernenten verstoßen alle drei Werke „gegen geltendes Recht“,weil sie den jüdischen Staat mit SS–Verbrechen gleichsetzten. Insgesamt sei die Ausstellung mit mehreren hundert Bildern und Postern „eine Provokation gegen Israel“, so Bürgermeister Theo Uhländer (CDU), und schade dem „Ansehen der Stadt Recklinghausen“. Der Haupt– und Finanzausschuß des Rates wollte wegen der „Schmutzkarikaturen“ den Ausstellern die angemieten Räume am Montag kündigen. Ds Amtsgericht urteilte, das geltende Mietrecht gebe der Stadt keine Handhabe, die Ausstellung zu beschränken. Für den SPD–Bundestagskandidaten Horst Niggemeyer, Pressesprecher der IG Bergbau und Energie, haben die Grünen „das Recht verspielt, sich dem demokratischen Spektrum zuzurechnen“. Die „unerträglichen Umtriebe der Grünen laufen letzlich“, so Niggemeyer, „auf eine Rechtfertigung des weltweit praktizierten palästinensischen Terrors hinaus“. Und schließlich dreht er den Spieß einfach um: „Für alle sensiblen Deutschen“ sei bei den verantwortlichen Künstlern und Ausstellern „die Tendenz zum faschistischen Hitlerverschnitt nicht zu übersehen. Alles in allem ein be schämendes Kapitel der Grünen– Politkultur“. Praktisch bedeutungslos wäre eine mögliche Berufung der Stadt gegen den Spruch des Amtsgerichtes, weil die Ausstellung im Festspielhaus am kommenden Montag abend geschlossen wird. Danach wird sie in Hagen und Dortmund zu sehen sein.

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