Das Lachen

■ Oggersheimer Stammtischredner in Newsweek

Das Eigentümliche an der Newsweek– Affäre ist nicht, daß allmählich die Wahrheit ans Tageslicht kommt; sondern, daß das Offensichtliche verdunkelt werden soll. Jetzt steht fest, daß Pressesprecher Ost nicht nur gelogen hat, sondern daß er dreist oder dumm gelogen hat. Seine Lüge hat keine kurzen Beine mehr, sondern überhaupt keinen Beinansatz. Hat nun auch Kohl am Donnerstag vor dem Bundestag gelogen? Ich meine nein. Er hat sich allenfalls herausgelogen. Und bei diesem Kanzler liegt zwischen Lüge und Herauslügen eben ein himmelweiter Unterschied. Neu an der Affäre ist Kohls Lachen, das feiste, wohlgefällige Lachen, der Nation im O–Ton überspielt: Gorbatschow „versteht etwas von PR. Goebbels verstand auch was von PR. (Lachen)“. Kohl war also nachgerade stolz auf diesen Vergleich. Wenn Kohl nun erklärt, es liege ihm fern, Gorbatschow „nahe zu treten oder gar beleidigen zu wollen“, dann gibt es nur eine Erklärung: er meint es ehrlich. Das ist der mondiale Oggersheimer Stammtisch. Da gibt es keine Hintergedanken, wenn der weltläufige häßliche Deutsche sagt, was er denkt. Warum den Sowjets politische Sensibilität unterstellen, wenn man selbst keine hat? Der Stammtisch spuckt von unten herab und sagt schon mal schulterklopfend zu Gorbatschow: Na, mein kleiner Goebbels. Wer will da beleidigt sein, wenn in Oggersheim gelacht wird? Bisher ist allerdings etwas unter den Tisch gefallen: als einzigen Beleg für Gorbatschows Goebbels–Nähe, was die PR–Talente angeht, erwähnt der Kanzler einzig das Auftreten der „attraktiven Frau Gorbatschow“. Da fragt sich nun aber doch: darf man am Oggersheimer Stammtisch die Ehefrauen beleidigen? Ist das die alte Mischung aus Herrenmenschentum, Gemütlichkeit und Sexualneid? Man stelle sich einmal vor, Honecker hätte süffisant Nancy Regans Lächeln im Zusammenhang mit der Aufrüstungspolitik erwähnt. Klaus Hartung