: Reagan von allen Seiten unter Beschuß
■ Demokraten forderten Reagan zur Abkehr vom „Ramboismus“ auf / Amerikanische Bundesrichter einigten sich auf Sonderstaatsanwalt / Wichtiger Zeuge des Waffendeals tot aufgefunden / Lieferte auch Großbritannien Kriegsmaterial an Iran?
Washington/London (ap) - Angesichts der Erfolglosigkeit der Bemühungen um die vollständige Aufklärung der Iranaffaire wird die US–Regierung jetzt von beiden Kongreßparteien unter Beschuß genommen. Der Chef der demokratischen Oppositionsfraktion im Senat, Robert Byrd, hat Präsident Ronald Reagan vorgeworfen, seine Iran– und Nicaraguapolitik sei von „Ramboimus“ geprägt - nach Art des Filmhelden Rambo, eines militaristischen Draufgängers. Byrd sagte, die Politik nach Rambo–Art verschließe Amerika die Möglichkeit, in der Welt als Makler des guten Willens und als aufgeklärter, starker Führer aufzutreten. Der Fraktionschef erklärte: „In meinen 34 Jahren im Senat habe ich noch nie ein derart selbstherrliches, arrogantes, parteiisches Weißes Haus erlebt wie in den letzten sechs Jahren.“ Der Chef der Senatsfraktion von Reagans Republikanischer Partei, Bob Dole, lastete der Regierung Dummheit an. Dole forderte, Reagan solle eine Sondergipfelkonferenz der westlichen Länder ansetzen, um sie über seine Iranpolitik aufzuklären. In Los Angeles ist am Samstag ein Mann, der als wichtiger Zeuge in möglicherweise illegalen Waffenlieferungen an antisandinisti sche Guerilleros in Nicaragua galt, tot aufgefunden worden. Im Amt des Gerichtsmediziners wurde als vorläufige Todesursache eine „Überdosis“ angegeben, wobei jedoch offen blieb, ob es sich bei der Überdosis um Drogen, Alkohol oder eine andere Substanz handelte. Ein Gremium amerikanischer Bundesrichter soll sich nach einer Rundfunkmeldung darauf geeinigt haben, daß ein früherer Präsident der amerikanischen Anwaltskammer als unabhängiger Sonderstaatsanwalt strafrechtliche Untersuchungen in der amerikanisch–iranischen Waffenaffaire aufnimmt. Wie der Rundfunksender National Public Radio mel dete, wurde für diese Aufgabe der 74jährige Lawrence Walsh ausgewählt, der früher auch Staatsanwalt, Richter und Diplomat gewesen war. Er solle sowohl das umstrittene geheime Waffengeschäft der USA mit Iran als auch die angebliche Umleitung der aus diesem Geschäft erzielten Erlöse an antisandinistische Contras in Nicaragua untersuchen. Britisches Kriegsmaterial nach Iran? Großbritannien soll nach Darstellung der britischen Wochenzeitung Observer noch im letzten Monat Kriegsmaterial an Iran geliefert haben. Die Zeitung meldete, am 21. November seien von Liverpool aus 50 Motoren für Chieftain–Panzer, Ersatzteile für Scorpion–Panzerfahrzeuge und Radarausrüstungen im Gesamtwert von 35 Millionen Pfund (rund hundert Millionen Mark) auf den Weg nach Iran gebracht worden. Die Lieferung sei unter einer Exportlizenz für elektrische und technische Ausrüstungen erfolgt. Die Zeitung will Einsicht in Dokumente erlangt haben, in denen die Versandteile bezeichnet werden. Nach ihrer Darstellung wurde die Lieferung im Juli zwischen einer staatlich beaufsichtigten britischen Handelsorganisation für Rüstungsgüter und iranischen Waffenkäufern vereinbart, die in London stationiert sind.
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