: Flüchtlinge als Profitquelle
■ ÖTV wirft privaten Betreibern von Asylunterkünften in Hessen skandalösen Umgang mit Flüchtlingen und Beschäftigten vor / Übernahme durch die freien Wohlfahrtsverbände gefordert
Von Manfred Moos
Limburg (taz) - Die Auflösung aller Verträge über die Unterbringung von Asylbewerbern in privaten Sammelunterkünften hat gestern die hessische ÖTV gefordert. In Dehrn bei Limburg, wo seit Anfang dieses Jahres rund 500 Asylbewerber in einem ehemaligen Schloß untergebracht sind, warfen die Gewerkschafter der größten hessischen privaten Betreiberfirma Czok und Vogel vor, die Asylbewerber schikanös zu behandeln und zudem die etwa 25 Beschäftigten massiv an der Ausübung ihrer Rechte zu hindern. Konflikte zwischen den Beschäftigten, insbesondere zwischen den Sozialarbeitern und den beiden Inhabern der Firma Czok und Vogel gibt es schon von An fang an. Czok und Vogel, die dank einem Exklusivvertrag mit dem hessischen Sozialminister auf Schloß Dehrn schalten und walten können wie weiland die Schloßherrn, zwingen die Sozialarbeiter immer wieder zu sachfremden Arbeiten. So müssen sie z.B. Betten bauen, die Wäsche sortieren oder sachfremde Bewachungsaufgaben übernehmen. Auch die Asylbewerber selbst haben auf Schloß Dehrn wenig zu lachen: Da wurden über einige Wochen hinweg sämtliche Waschbecken abmontiert und Aufenthaltsräume bestimmungswidrig zu Unterkünften für weitere Asylbewerber umgebaut. Die Betreuung der bis zu 100 Kinder auf Schloß Dehrn bleibt gar ausschließlich einem Kreis ehrenamtlicher Helfer überlassen, nachdem drei dafür zuständige Sozialarbeiter gefeuert wurden. Zu einer endlosen Kette von Klagen und Gegenklagen hat bislang der Versuch der Beschäftigten geführt, mit Hilfe der Gewerkschaft ÖTV einen Betriebsrat auf Schloß Dehrn zu bilden. Mit übelsten Tricks versuchen der Ex–Juso Czok und Partner Vogel die Gewerkschaft auszumanövrieren. Eine Strafanzeige wegen Wahlbehinderung wurde inzwischen bei der Staatsanwaltschaft eingereicht. Als Alternative zur privaten Unterbringung nennen die Gewerkschafter die Übernahme der Asylbetreuung durch die freien Wohlfahrtsverbände. Diese allerdings scheinen, aus welchen Gründen immer, beim hessischen Sozialministerium in Wiesbaden nicht sonderlich beliebt zu sein.
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