: Überwachungssystem für AKW
■ Hessens Wirtschaftsminister Steger unterzeichnete Vertrag mit Siemens / Inbetriebnahme des Überwachungssystems ist für 1989 vorgesehen / Grüne sehen die geforderte Biblis–Abschaltung gefährdet
Von Klaus–Peter Klingelschmitt
Frankfurt (taz) - Wie erst jetzt bekannt wurde, ist noch vor Weihnachten zwischen dem hessischen Wirtschaftsministerium und der Siemens AG ein Vertrag über die Lieferung eines betriebsbereiten AKW–Überwachungssystems für Hessen unterzeichnet worden. Wie Wirtschaftsminister Ulrich Steger(SPD) mitteilte, stelle das System - das rund 4,7 Millionen DM kosten soll - „den modernsten Stand von Technik und Forschung auf dem Gebiet der Fernüberwachung von Kernkraftwerken“ dar. Mit dem Siemens–System würden die Emissionen und die Strahlenbelastungen in der Umgebung von Biblis automatisch vor Ort erfaßt und von dort in die Meßzentrale nach Darmstadt übertragen: „Bei der Überschreitung von vorgegebenen Grenzwerten erfolgt eine unmittelbare Alarmierung der atomrechtlichen Aufsichtsbehörde in Wiesbaden.“ Mit Hilfe eines Zentralrechners könnten dann sofort mögliche radioaktive Belastungen der Bevölkerung er rechnet werden. Der Umstand, daß die neue Anlage erst 1989 in Betrieb gehen soll, hat bei den Grünen im hessischen Landtag für Unmut gesorgt. Wie der Abgeordnete Franz Jakob auf Nachfrage der taz erklärte, sei es völlig unsinnig, ein solches System zu installieren, wenn man tatsächlich aus der Atomtechnologie aussteigen wolle. Der Vertrag zwischen Steger und der Siemes AG sei das Produkt einer „verlogenen Politik der SPD“, die nur vom Ausstieg rede, die aber gleichzeitig neue Sachen teste, um die Atomtechnologie am Leben zu erhalten. Ohnehin, so Jakob weiter, sei dieses angebliche Überwachungssystem mehr als überflüssig, denn bei einem GAU in Biblis helfe das Messen der Radioaktivität auch nicht mehr weiter. Darüberhinaus werde die sogenannte Biblis–Kommission, die zur Zeit im Auftrag des Wirtschaftsministerium die Sicherheit des dienstältesten Reaktors A des AKW–Biblis untersucht, zu „politischen Scheingeschäften“ mißbraucht. Jakob: „Die SPD denkt nicht daran, das AKW–Biblis noch vor 1990 stillzulegen. Der Siemens–Vertrag soll den Sozialdemokraten den Weiterbetrieb zumindest bis Mitte der 90er Jahre garantieren.“ Nach dem von Umweltminister Fischer - nach dem Tschernobyl–Gau - vorgelegten Ausstiegszenario, hätte die Landesregierung dagegen bereits bis Ende 1986 den „Einstieg in den Ausstieg“ beschließen müssen. Andernfalls, so Fischer wörtlich, mache die Koalition mit der SPD keinen Sinn mehr.
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